Da können die Sorgenfalten schon bei sehr jungen Leuten tief werden: Mädchen oder lieber Burschen? Und wenn letzteres, was tun?

Foto: Screenshot/Youtube queerblickSOS

Dr. Sommer, das sind viele. Generationen von Jugendlichen holten sich bei ihm seit den 1960er-Jahren in der Zeitschrift "Bravo" Tipps zu Liebe, Sex und Zärtlichkeit. In einer Zeit, als Smartphones und googeln noch nicht erfunden waren, spielte diese Art von Ratgeber natürlich eine große Rolle und "Dr. Sommer" war Kult – als Label gibt es ihn bei "Bravo" bis heute, wenn auch die langjährige Leiterin des Dr.-Sommer-Teams, Jutta Stiehler, 2014 nach 16 Jahren entlassen wurde.

Jetzt gibt es an anderer Stelle, beim Medienprojekt queerblick, einen völlig neuen Anlauf für "Dr. Sommer": Für das Videoberatungsprojekt "Queerblick SOS" werden derzeit sechs schwule, lesbische, bi- oder transsexuelle junge Menschen gesucht, die als BeraterInnen ausgebildet werden und ähnlich dem alten Dr. Sommer-Modell anderen Jugendlichen Tipps zu den Themen Coming-out, Liebe und Sexualität geben sollen. Ein weiterer Unterschied zu früher ist das Medium: Die Ratschläge werden für alle auf dem Youtube-Kanal von Queerblick gratis zugänglich sein.

Für alle gratis

Ähnliche Projekte existierten laut Falk Steinborn, dem Initiator des neuen Formates, in der queeren Community zwar bereits, aber bisher fänden die Beratungen meist nur eins zu eins per Mail statt. "Wir wollen die vielen guten Tipps für alle zugänglich machen", sagt er. Die zukünftigen BeraterInnen werden in einem kostenlosen Workshopprogramm in Köln ausgebildet, das an fünf verlängerten Wochenenden (zwei bis vier Tage) stattfindet. Anschließend werden zunächst sechs Monate lang eigene Videos produziert.

"Die inhaltliche Beratung kommt von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbst", betont Steinborn. "Es geht nicht darum, ein hochpädagogisches Angebot zu schaffen, sondern eine Peer-to-Peer-Beratung. In diese bringen die BeraterInnen ihre eigenen Erfahrungen mit ein, genauso wie ihr eigenes oder recherchiertes Wissen." Denn "Queerblick SOS" wird kein Live-Format sein. An Produktionswochenenden werde alles vorproduziert und dann im wöchentlichen Rhythmus freigeschaltet, so Steinborn. "Die Fragen kommen im Voraus von den Jugendlichen und können per E-Mail oder über Social Media eingereicht werden. Dazu starten wir einen Aufruf über Youtube."

Mut durch Vielfalt

Wichtig ist den MacherInnen die Vielfalt: "Wir freuen uns auf viele unterschiedliche Typen, egal ob mit Kamera- oder Beratungserfahrung oder nicht", sagte Steinborn. "Die BeraterInnen sind für die ZuschauerInnen Rolemodels, die mit ihrem authentischen Auftreten Mut machen, zu sich zu stehen."

Bezahlung gibt es dafür allerdings keine: "Es handelt sich wie bei allen anderen Peer-to-Peer-Beratungsprojekten um ein ehrenamtliches Projekt, wenngleich bei uns die Chancen, etwas Neues zu lernen, wesentlich größer sind. Denn das Medium Video kommt bei uns hinzu", so Steinborn. Er selbst hat das Medienprojekt "Queerblick" 2009 als Verein mit Schwerpunkt Webvideos mitgegründet und professionalisiert.

Derzeit hat der Queerblick-Youtube-Kanal rund 25.000 AbonnentInnen. Das Videoberatungsprojekt wird durch eine Förderung der Magnus-Hirschfeld-Stiftung mit 9.272 Euro mitfinanziert, weitere Spenden sind willkommen. (Tanja Paar, 9.9.2015)