"Die Europäische Union hat mich enttäuscht", sagt Politikwissenschafterin Zoe Lefkofridi.

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Wie wirkt sich die Europäische Union auf nationale Parteien aus? Wie präsentieren die Parteien den Bürgern Europa, und wie beeinflusst die EU ihre Ziele? Das sind Fragen, denen sich Politikwissenschafterin Zoe Lefkofridi in ihrer Forschung widmet.

Was sie bisher dabei herausfinden konnte: "Die EU wirkt sich stark auf nationale Parteien aus, jedoch haben sie den Bürgern das Thema sehr schlecht präsentiert." Vor allem habe es an Information gefehlt, die Europäer hätten nur eine schemenhafte Idee davon gehabt, wie die EU funktioniert – "bis zur Krise" -, und da sei Europa im öffentlichen Diskurs "meist negativ weggekommen", sagt die 38-Jährige.

In ihrer Forschung legt sie einen besonderen Fokus auf Ungleichheit. Eine Facette davon ist Armut – "diese wird in Europa zu selten gezeigt", sagt Lefkofridi. Eine weitere: die Repräsentationen von Frauen in der Politik, ihre ungleichen Chancen und ihr ungleiches Einkommen in einem männlich dominierten Metier.

Mit ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit einen gesellschaftlichen Standpunkt zu vertreten ist Lefkofridi wichtig. Sie selbst bezeichnet das als eine "aktivistische Perspektive der Politikwissenschaften".

Zoe Lefkofridis wissenschaftliche Karriere begann mit dem Studium der Theaterwissenschaften in Athen und der Europäischen Politik und Verwaltung in Brügge.

Der Traum der gebürtigen Griechin damals: für eine der EU-Institutionen im Bereich Bildungs- und Kulturpolitik arbeiten zu können. "Dann bin ich draufgekommen, dass ich weiterstudieren will, und was mich wirklich interessiert, ist die Beziehung zwischen Integration und Demokratie, zwischen der EU und den Bürgern." Der Master an der diplomatischen Akademie war naheliegend.

Nach dem Abschluss folgten ein Doktoratsstudium am Institut für Höhere Studien (IHS) und berufliche Stationen an den Universitäten Wien und Stanford, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Inzwischen arbeitet die 38-Jährige als Assistenzprofessorin im Fachbereich Politikwissenschaft und Soziologie an der Universität Salzburg.

Angesprochen auf die aktuellen Entwicklungen in Griechenland, sagt Lefkofridi: "Ich bin deprimiert. Griechenland geht es gerade schlecht, und das wird die nächsten Jahre so bleiben. Aber das Schlimme ist das, was gerade mit Europa passiert. Das Projekt, dessentwegen ich Politikwissenschafterin geworden bin, hat mich enttäuscht." Die Parlamente würden marginalisiert werden, Euroskeptiker, Nationalisten und Populisten, "rechte wie linke", jedem aufflammenden "Wirgefühl" den Garaus machen.

Politische Eliten seien nur auf die Interessen der eigenen Partei fokussiert, in der Hoffnung auf mehr Wählerstimmen: "Sie stellen Völker gegen andere Völker", sagt Lefkofridi. "Es geht hier aber nicht um Griechenland oder Deutschland" – ein solcher Nationalismus sei gefährlich und zudem in einer Zeit, in der Einzelstaaten an Umsetzungsstärke verlieren, wenig sinnvoll. "Nur zusammen sind wir Europäer stark. Um Probleme wie Arbeitslosigkeit, Steuerflucht oder Umweltschutz zu lösen, brauchen wir also europäische Politik." (Lisa Breit, 13.9.2015)