Alle moralischen Einwände gegen den Vorschlag von Außenminister Sebastian Kurz, das Assad-Regime zum Partner im Kampf gegen den "Islamischen Staat" zu machen, beiseite: Es stimmt, dass der schnelle Abgang Bashar al-Assads längst nicht mehr das dringlichste Anliegen der westlichen Akteure im syrischen Kriegstheater ist. Aber gleichzeitig sind die Fronten viel zu verwaschen, um das alte "Der Feind meines Feindes"-Schema applizieren zu können. Das Assad-Regime ist nicht nur Ziel des IS, es ist auch Profiteur. Vor allem ist es aber auch Produzent von Flüchtlingen, bei Kämpfen mit anderen als dem IS.

Im Westen geht man davon aus, dass jeder vernünftige Mensch im Nahen Osten auf den IS-Schrecken mit dem gleichen Prioritätenwechsel reagiert, wie ihn Kurz formuliert. Aber das funktioniert nicht so ohne weiteres. Zum Beispiel: Der US-Plan, eine "moderate" Rebellentruppe aufzustellen und gegen den IS einzusetzen, läuft unter anderem deswegen so holprig an, weil die meisten Rebellen nicht bereit sind, den Kampf gegen Assad hintanzustellen.

Die Verzweiflung treibt seltsame Blüten: CIA-Exdirektor und Irak-General David Petraeus hat vorgeschlagen, mit der Nusra-Front – der Al-Kaida-Filiale in Syrien – gegen den IS zusammenzuarbeiten: Das wäre wieder ein anderer Beelzebub, mit dem der Teufel ausgetrieben werden soll. In Syrien gibt es gleich mehrere Herren der Finsternis, und man sollte versuchen, möglichst nicht an ihnen anzustreifen. (Gudrun Harrer, 9.9.2015)