Renger van den Heuvel, Leiter der Kunstmesse Vienna Contemporary, wohnt in einem Barockhaus in Wien-Neubau. Das Gute daran, erfuhr Wojciech Czaja: Zum Glühbirnenwechseln braucht er keine Leiter.

"Zu Beginn waren die Räume alle weiß, das kann man sich gar nicht mehr vorstellen, oder? Der Grund war einfach: Die Wohnung ist an sich nicht die hellste. Es gibt wenig Sonne. Ich finde, den weißen Wänden hat man die Lichtkargheit deutlich angesehen. Doch jetzt ist alles grau, und die Dunkelheit führt man auf den Farbton zurück – und nicht auf die fehlende Sonne. Das ist psychologisch besser. Auch die anderen Räume sind eher dunkel und gedeckt.

Renger van den Heuvel kaufte die meisten seiner Möbel im Internet. Der Niederländer wollte sich ganz auf den fremden und Wohn- und Lebensstil einlassen, als er nach Österreich zog.
Foto: Lisi Specht

Gefunden haben wir die Wohnung im Internet. Schon beim Betreten des Hauses und des Innenhofs haben wir uns gedacht: Wow! Das Haus ist sehr spannend, das ist ein denkmalgeschütztes Barockhaus, das in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts errichtet wurde. Anschließend an den Straßentrakt, der direkt in der Fußgängerzone nicht weit vom Spittelberg liegt, gibt es zwei langgezogene Hoftrakte, und in einem davon befindet sich unsere rund 200 Quadratmeter große Wohnung. Man betritt sie direkt vom Freien, das ist ein bisschen ein Gefühl wie ein altes Einfamilienhaus mitten in der Stadt. Ich mag das sehr. Meine Frau Tanya und ich waren uns sofort darin einig: Das ist es! Auch für unsere fünfjährige Tochter Isadora eignet sich der barocke Innenhof gut zum Spielen.

Wie würde ich unsere Wohnung beschreiben? Ich mag das Wort eigentlich überhaupt nicht, aber am ehesten würde ich der Wohnung das Attribut 'geborgen' oder 'gemütlich' zuschreiben. Es ist alles da, was man braucht, um sich wohlzufühlen. Bloß an die niedrigen Decken musste ich mich erst gewöhnen. Bislang habe ich immer in hohen Altbauten gewohnt. Dafür ist es jetzt praktisch. Man braucht nicht einmal eine Leiter, wenn man die Glühbirne wechseln will.

Als wir von den Niederlanden nach Wien gezogen sind, haben wir eigentlich nur unsere Koffer mit Kleidungsstücken mitgehabt – und dieses Bild, das hier über mir an der Wand hängt. Das war unser gesamtes Gepäck. Es stammt vom russischen Maler Konstantin Maksimov. Ich habe in den Neunzigerjahren in Moskau gearbeitet, und mein damaliger Arbeitgeber hat mir dieses Bild als Abschiedsgeschenk übergeben. Seit damals ist dieses Bild für mich ein Anker, eine Art mentaler Fixpunkt, egal wo ich bin. Ich mag die Stimmung. Mich stimmt diese Frau friedlich und nachdenklich.

Der alte Kachelofen war schon hier. Ein Traum, oder? Die meisten Möbel, die man sieht, haben wir im Internet erstanden – den Esstisch, die Sechzigerjahre-Stühle, den Fauteuil, die ganzen Kommoden aus Rundholz. Ich denke mir: Wenn man in ein anderes Land reist, um dort zu wohnen, dann muss man sich auch auf den neuen, fremden Wohn- und Lebensstil einlassen. In gewisser Weise empfinde ich diese Wohnung als wienerisch. Wobei ich diese Diskrepanz zwischen der barocken Üppigkeit und der, na ja, Leere der Räume sehr schätze. Wir haben nicht viel. Stuhl, Bett und gute Bücher – mehr brauche ich zum Wohnen eigentlich nicht.

Ich werde von Leuten oft angesprochen: Du, Renger, als Leiter einer Messe für zeitgenössische Kunst wohnst so klassisch und altmodisch? Es stimmt schon, die meisten würden sich erwarten, dass ich mich mit schrillen, zeitgenössischen Werken umgebe, und ich habe auch tatsächlich ein paar davon zu Hause. Aber ansonsten schätze ich, dass ich hier eine gewisse Distanz zu meiner Arbeit genießen kann.

Was ich mir für die Zukunft wünsche: Die nächsten Jahre möchte ich unbedingt in Wien bleiben. Ich kann mir vorstellen, dass wir hier noch lange leben werden. Ansonsten träume ich von Amerika, von Kalifornien, um genau zu sein. Meine Frau stammt von dort. Und sonst? Ach, so wie jeder ... Wer möchte nicht in einem Loft, in einer alten Fabrik wohnen? Da bin ich wohl nicht der Einzige." (14.9.2015)