Von Mom Jeans, Muskelmännern und nackten Tatsachen: Rückblick auf Tag 5 der MQ Vienna Fashion Week

Samstagabend und dann auch noch Modewoche. Der Termin wird sich für die Besucher noch als eine gute Entscheidung erweisen. Die sind heute nämlich in Scharen gekommen und wollen unterhalten werden. Und das ist eigentlich noch untertrieben. Das weiße Zelt, ein Bienenstock, platzt schon um 19 Uhr aus allen Nähten. Die Besucher dicht an dicht, die mintfarbenen Fächer mit dem Le Meridien-Schriftzug sind in ständiger Bewegung. Natürlich hat das große Gedrängel am frühen Abend auch damit zu tun, dass gleich drei lokale Labels gemeinsam präsentieren. Und jedes hat seine eigene Community im Schlepptau.

Los geht es mit Lila, dem Label von Lisi Lang, immerhin schon fast zehn Jahre alt. Und unter anderem mit einem Geschäft im siebten Bezirk in der Kirchengasse vertreten. Lisi Lang spricht mit den vielen Neunziger-Jahre-Versatzstücken eine junge Klientel an, die vielleicht im Siebten zu Hause ist, aber der Inspiration wegen gerne mal nach Skandinavien schaut. Die Haare zu Hörnchen aufgedreht und mit Kunststoffspangen festgehalten, die karottig geschnittenen roséfarbenen Mom-Jeans, die Klumpschuhe auf Plateau, die in rosa Söckchen stecken.

Foto: Thomas Lerch
Foto: Thomas Lerch
Foto: Thomas Lerch

Der nächste Auftritt? Scheint mit allen Wassern gewaschen. Und das, obwohl das Label Roee erst 2013 gegründet wurde. Die Presseaussendungen erklären zumindest schon einmal das große Ganze: "Wenn man an Mode denkt, lässt es sich oft nicht vermeiden, dass das Wort Oberflächlichkeit ins Spiel kommt." Weil Rene Pomberger und Michael Mairhofer also wissen, wie der Hase läuft, lassen sie La Hong, den einst kleinen großen Designer der Wiener Society, in einem zipfeligen schwarzen Umhang vorneweg flitzen, dann Jenny Bladeks metallene Masken und Schnürungen auftreten und dann, ja dann hat irgendwann ein starker, bärtiger, tätowierter Männerkörper seinen großen Auftritt. Vorne Schürze, hinten Gesäß. Das Publikum hat sowas wohl noch nie gesehen. Gejohle, die Atmosphäre kippt gen Bierzelt.

Roee
Foto: Thomas Lerch
Roee
Foto: Thomas Lerch
Roee
Foto: Thomas Lerch

Wie angenehm, dass Nicole Komitov, die Designerin von Milk, die hier vor zwei Jahren noch Conchita Wurst auf der Bühne hatte, ihre schwarzen Pluderhosen und Overalls mit den Latz-Oberteilen diesmal ohne viel Schischi auf den Laufsteg schickt. Das kommt auch den Taschen und Rucksäcken zugute.

Milk
Foto: Thomas Lerch
Milk
Foto: Thomas Lerch
Milk
Foto: Thomas Lerch
Milk
Foto: Thomas Lerch


Und dann: nächste Show, volles Zelt, wieder ein anderes Publikum. Die Designerin Anelia Peschev hat nämlich die Society auf ihrer Seite. Die hat sich dem Anlass entsprechend rausgeputzt. Bussi Bussi, der erste Selfiestick der Woche kommt heute in Reihe eins zum Einsatz, Miss Kärnten läuft mit Schärpe durchs Publikum. Auf dem Laufsteg dann: Peschevs bewährte mädchenhafte Mode, die sich den internationalen Trends verbunden fühlt: Schleifen, Bubikrägen, Seventies-Anleihen. Das Publikum wird es ihr demnächst danken.

Anelia Peschev
Foto: Thomas Lerch
Anelia Peschev
Foto: Thomas Lerch

Zum Schluss, mit vierzig Minuten Verspätung, endlich dann das exzentrischste Unterfangen des Abends. AND_I, Andreas Eberharter und Nora Rieser, stellen ein Masken-Spektakel auf Kufen auf die Beine. Ein Heer an nackten Beinen und zerrissenen Strumpfhosen führt Masken, Armreife, Augenklappen vor. Und zuletzt? Stampft wieder ein Muskelmann, Typ Bodybuilder über die Bühne. Auf seinen Schultern ruht ein rotes Gefieder. Muskelgeprotze auf dem Laufsteg, das Publikum tobt. Was für ein Samstagabend. (Anne Feldkamp, 13.9.2015)

AND_i & Nora Rieser
Foto: Thomas Lerch
AND_i & Nora Rieser
Foto: Thomas Lerch
AND_i & Nora Rieser
Foto: Thomas Lerch
AND_i & Nora Rieser
Foto: Thomas Lerch