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Journalistin Streidl will mit ihrem Buch ein besseres Verständnis von Vaterschaft erreichen.

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Barbara Streidl: "Lasst Väter Vater sein. Eine Streitschrift". Beltz, 2015, 168 Seiten, 17 Euro.

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Eine "Brücke schlagen zwischen dem Lager der Mütter und dem der Väter, zwischen Frauen und Männern, zwischen Feminismus und Männerforschung", das will die Journalistin und Musikerin Barbara Streidl mit ihrem neuen Buch. "Lasst Väter Vater sein" heißt es und ist, so der Untertitel, eine Streitschrift. Sie wolle keine praktischen Anweisungen geben, stellt die Autorin eingangs klar, sondern ein "besseres Verständnis von Vaterschaft" schaffen. So weit, so ehrenwert.

Streidl holt für ihre Argumentation weit aus, bleibt aber Großteils auf bereits ausführlich beackertem Terrain: Carearbeit werde ökonomisch nicht anerkannt. Das solle Frau aber nicht den Vätern in Rechnung stellen, weil "kulturelle Werte und Strukturen über Jahrhunderte angewachsenes Gut" seien, "von Frauen ebenso mitgetragen wie von Männern". Dafür solle man das Patriarchat, nicht aber die Männer anprangern, kurzum "Unrecht nicht mit Unrecht beantworten".

Gender-Pay-Gap

Von Hausarbeit und Familie kommt sie zum Gender-Pay-Gap, ihre Zahlen beziehen sich dabei immer auf Deutschland, für die österreichische Leserin ein Manko. Lösungsansätze sieht sie nicht in "Quote und Kita", sondern zum Beispiel in einer "32-Stunden-Woche für beide". Streidl betont zwar gleich zu Beginn ihres Buches, dass sie Alleinerziehende nicht diskriminieren wolle, trotzdem bleiben ihre Vorschläge immer in einer Paarbeziehung gedacht. Auch das ein Manko, wenngleich es der Autorin bewusst ist.

Es folgt ein geschichtlicher Exkurs über das Vaterbild in Deutschland seit der Industriellen Revolution mit besonderer Berücksichtigung der Weltkriege und der 1968er-Revolution. Der Vater, schreibt sie und bezieht sich dabei auf den Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich und sein Buch "Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft", sei durch die Peergroup ersetzt worden. Dabei dürfe die Bedeutung des Vaters für die Kindsentwicklung nicht unterschätzt werden. Streidl führt zur Untermauerung dieser These diverse Studien an und geht dann zu Fragen des Familienrechts und der Obsorge über, auch hierbei wieder mit Beispielen aus Deutschland.

Überangebot an Rollen

Länderübergreifend trifft sicherlich zu, was sie zu Patchworkfamilien sagt: Die Patchworkväter hätten es mitunter nicht leicht, bei einem "Überangebot von Rollen" ihren Weg zu finden – oder würden ebenso wie Trennungsväter manchmal von den Kindsmüttern in ihrem aufrichtigen Bemühen gehemmt. Trotzdem gelte für sie genau wie für die biologischen Väter: "Vater sein ist eine Entscheidung."

Von der sogenannten Väterbewegung will sie sich aber abgrenzen: diese sei "zumeist wenig konstruktiv" und "eher paranoid". Diese Bestrebung der Autorin verwundert nicht, ist Streidl doch Mitautorin von "Wir Alphamädchen. Warum Feminismus das Leben schöner macht" (2008).

Ihr Resümee: "Mama ist nicht genug, Papa ist unverzichtbar." Je mehr ein Kind von seinem Vater habe im Leben, desto besser (natürlich nicht in Gewaltbeziehungen, das unterstreicht die Autorin). Die von ihr für alle Beteiligten in Aussicht gestellte Aussicht: ein Stück Glück. (Tanja Paar, 16.9.2015)