Mit Farben und Stoffen aktiviert Ulla von Brandenburg Räume: "Death of a King", ...

Foto: Ulla von Brandenburg

... 2012 im Palais de Tokyo in Paris, ...

Foto: Anne Katrin Feßler

... und "Innen ist nicht außen", 2013 in der Wiener Secession.

Foto: Wolfgang Thaler

Leoben – Fabrikgebäude in Bühnenbilder zu verwandeln, darin hat Ulla von Brandenburg bereits Erfahrung: 2011 hat sie etwa für die Biennale in Lyon die Sucrière, eine ehemalige Zuckerfabrik in einem aufgewerteten und szenig gewordenen Industrieareal, transformiert: Zwischen schweren, farbigen, mit Tauen verzurrten Vorhängen hindurch betrat man die Ausstellung, eine Bühnenwelt, die eine andere gedankliche Sphäre, einen Raum des Denkens und der Utopien öffnet. So wird der Zuschauer allerdings auch zum Akteur.

Und tatsächlich setzt Ulla von Brandenburg für den Steirischen Herbst die Porubsky-Halle nicht allein als Spiel-, sondern auch als Handlungsort in Szene. Hip, so wie in Lyon, ist die Gegend rundherum zwar noch nicht, aber was noch nicht ist ... Bis 2016 soll die ehemals als Kohlelager genutzte Halle zum Herzstück der jungen und kreativen Szene werden.

Wie sehr Brandenburg fiktionale und reale Welt miteinander verschmilzt, zeigt sich auch in ihrer Metaphorik: Wolken lösen sich in Wasser nennt sich ihr räumlicher Eingriff.

Was poetisch-atmosphärisch klingt, ist ein Zitat aus Jules Vernes Fünf Wochen im Ballon. Ulla von Brandenburg lädt die Besucher ein, Neuland zu erkunden, den sicheren Boden unter den Füßen zu verlassen, in unbekannte Welten aufzubrechen: "Steigen wir, ehe diese Wolken sich in Wasser auflösen und der Wind sich entfesselt!", mahnt aber auch zur Eile. Ein Fingerzeig, den man auch in Bezug auf das kritische Zukunftsthema des Steirischen Herbstes lesen kann.

Wie in Lyon arbeitet die 1974 in Karlsruhe geborene, aber in Paris lebende Künstlerin oft – und auch dieses Mal wieder – mit schweren, farbigen Stoffbahnen. Theaterstoffen wie den historischen, von der Warschauer Oper gestifteten Prospekten, die 2013 in der Secession zum Einsatz kamen. Die Intensität der Farben, mit denen sie verschiedene Räume in den Industriebau einstellt, erinnert aber auch an ihre Installation Death of a King, die sie 2012 in der Agora des Pariser Palais de Tokyo realisierte. Eine "Struktur", wie Brandenburg ihre Eingriffe selbst nennt, von größter Offenheit. Nicht Bühne, nicht Arena, nicht Skateboardrampe: ein öffentlicher Ort also, dessen Nutzung mit anderen verhandelt werden muss.

Installation als Schauplatz

Die Installation Wolken lösen sich in Wasser wird während des Festivals aber auch Schauplatz anderer Aktivitäten des Steirischen Herbstes sein, ihm als Bühne oder Thinktank für Performances, Konzerte, Poetry-Slams, einen Tauschmarkt, Diskussionen und die Konferenz Future Perfect dienen. Im Titel an die "vollendete Zukunft", das grammatikalische Futur II, angelehnt, denkt Letztere die Zukunft nicht einfach als Fortsetzung heutiger Zustände. Vielmehr geht es darum, die in eine Dystopie mündenden Konsequenzen nicht nur zu denken, sondern daraus Handlungsoptionen abzuleiten: Was muss bewahrt, wofür muss gekämpft worden sein? (Anne Katrin Feßler, Spezial, 18.9.2015)