Das "Weibliche Bildnis" von Adriaen Thomas Key hat Johanna Doderer (auf unserem Triptychon links) zu einer Komposition mit dem Titel "Putin" inspiriert, zu der der Schriftsteller Martin Pollack das Libretto schrieb. Im Kunsthistorischen Museum dargeboten wird das Werk von der Sängerin Angelika Kirchschlager (Mitte).

Foto: Helmut Winner

"Weibliches Bildnis" des niederländischen Künstlers ist auf 1575 datiert und seit 1720 in der Galerie nachweisbar.

Foto: Kunsthistorisches Museum Wien

Freunde, gestattet mir, dass ich in diesen schicksalsträchtigen Zeiten das Wort an euch richte, um über einige brennende Fragen zu sprechen, auch möchte ich die Gelegenheit nutzen, um persönliche Dinge anzusprechen, die euch vielleicht überraschen werden.

Freunde, an dieser Stelle möchte ich einen ungewöhnlichen Schritt setzen, den vielleicht keiner von mir erwartet hat: Ich möchte mein Innerstes, meine russische Seele vor euch bloßlegen. Ich will einer Frau meinen Dank abstatten, einer großen Frau, zu der ich mich hingezogen, der ich mich in gewissem Sinn verwandt fühle. Im Herzen und in der Seele. Ich spreche von Katharina, von Katharina der Großen, der größten Frau, die unser Land, die wahrscheinlich die ganze Welt jemals hervorgebracht hat.

Diese große Herrscherin hat unser Land mit eiserner Hand regiert und gelenkt, weil sie in ihrer tiefen Weisheit wusste, dass Russland und das russische Volk eine eiserne Hand brauchen, um zu jener Größe zu gelangen, die die ganze Welt bis heute an uns bewundert. Diese Lektion habe ich von dieser großartigen Frau gelernt, das darf ich in aller nötigen Bescheidenheit sagen, obwohl es mir natürlich fernliegt, mich mit ihr vergleichen zu wollen. Das wäre vermessen. Das steht mir nicht zu. Doch ich will nicht verhehlen, dass ich nicht nur große Bewunderung für sie hege, sondern tiefe Liebe, ich liebe sie mit allen Fasern meines großen, heißen russischen Herzens.

Sibirischer Granit in seidenen Gewändern

Das geht manchmal so weit – erlaubt mir hier ein ganz persönliches Geständnis -, dass ich mich ihr geradezu körperlich nahe fühle und insgeheim davon träume, in ihren schönen, verführerischen Körper schlüpfen zu können, der einst so viele große, kluge Männer um den Verstand gebracht hat. Ich will hier nicht alle aufzählen, ihr Name ist Legion, und nur den Grafen Saltykow, den polnischen König Stanislaus II. August Poniatowski, den Grafen Orlow oder den berühmten Fürsten Potemkin nennen, deren Namen untrennbar mit ihrem verbunden sind.

Wenn ich mir manchmal vorstelle, wie wunderbar es wäre, in diesem Körper zu stecken, in diesen Gliedern, in dieser prallen Brust, in diesen weichen, seidenen Gewändern, und sei es nur für einen Moment, dann fühle ich mich ganz eins mit dieser prachtvollen Frau, geistig, aber auch körperlich. Obwohl ich natürlich ein Mann bin, in jeder Hinsicht, männlich und hart wie sibirischer Granit. Kompromisslos. Alles Weibliche, Weibische ist mir fremd, ja geradezu widerwärtig, abstoßend.

Für dieses weichliche, dekadente Gehabe, wie es heute so viele Menschen im Westen an den Tag legen, habe ich, haben wir Russen keinerlei Verständnis, das will ich in aller Offenheit und Härte sagen. Denn ich bin ein Mann. Ein echter russischer Mann. Hundertprozentig. Das habe ich oft genug bewiesen. Als Fischer, Reiter, Flieger oder Jäger, als ich etwa in den unberührten Weiten des Fernen Ostens unseres Landes, im Ussuriyskiy-Urwald, den gefürchteten Amurtiger aus nächster Nähe mit einem sicheren Schuss aus einem Betäubungsgewehr niederstreckte, um ihn wenig später unversehrt wieder in die freie Wildbahn zu entlassen.

Der mächtige Staat Russland

Ein glücklicher Zufall fügte es, dass damals just in diesem Moment ein komplettes Fernsehteam mit Kameramann und Beleuchter durch den undurchdringlichen Urwald des Weges kam, um diesen Beweis russischen Mannesmutes zu filmen, sodass die ganze Welt sich von meiner Unerschrockenheit und Tierliebe überzeugen konnte. So etwas bringt nur ein Russe zuwege. Und dennoch verspüre ich manchmal, immer öfter, ich getraue mich kaum, es offen zu sagen, ein Verlangen, mich in den weichen weiblichen Körper der großen Katharina zu versetzen.

Das hat natürlich nichts mit irgendwelchen fehlgeleiteten Gefühlen oder Trieben zu tun, solche kennt ein echter russischer Mann nicht. Es sind vielmehr staatsmännische Überlegungen, Überlegungen zum Wohle unserer Heimat, die mich diese große, ja intime Nähe zu Katharina der Großen suchen lassen. Denn es gibt vieles, was uns verbindet. Sie war es, die unser herrliches Vaterland groß gemacht hat. Sie hat Russland zu einem mächtigen Staat gemacht und es um große Gebiete im Süden und Westen erweitert, ohne dabei, und das ist für uns Russen eminent wichtig, viel Blut zu vergießen. Erobern mit friedlichen Mitteln. Das war schon immer unser Motto.

Besondere Bedeutung kommt dabei der Angliederung der Krim zu, denn dort lebten schon immer russische Menschen, und dort liegen die spirituellen Ursprünge der vielfältigen, aber monolithen russischen Nation und des zentralisierten russischen Staates. Das hat die große Katharina in ihrem tiefen Verständnis für die Bedürfnisse der russischen Seele erkannt und danach gehandelt. Mutig und ohne zu zaudern, wie ein Mann.

Fürchtet euch nicht

Dieses Vorbild war für mich eine heilige Verpflichtung, ihrem Beispiel zu folgen, wobei ich selbstverständlich peinlich darauf bedacht war, nicht etwa Waffen sprechen zu lassen, sondern nur die Normen des Rechts. Und die Wünsche der dort lebenden russischen Menschen, die nach unserem Schutz riefen. So wie einstmals zu Zeiten von Katharina, die auch nur an das Wohl der russischen Menschen dachte. Nach der völlig rechtmäßigen Annexion der Krim und der Zerschlagung des Khanats der Krim, eines Vasallen der "Hohen Pforte", gelang es Katharina der Großen, weite Gebiete im fruchtbaren Süden als Provinz Neurussland, Noworossija, dem Russischen Reich einzugliedern. Auch das ein Beispiel für uns, das wir uns gerade in diesen Zeiten vor Augen halten.

Dass diese Territorien nach dem Zerfall der Sowjetunion unserem Einfluss entglitten, war ein schmerzlicher Schlag, den wir nie verwunden haben. Die große Katharina würde sich schrecklich grämen, wenn sie sehen müsste, was aus ihrem Erbe geworden ist. Das dürfen wir nicht zulassen, das sind wir der "Mutter des Vaterlandes", wie sie oft genannt wird, schuldig. Wobei wir uns natürlich nie und nimmer dazu hinreißen lassen, Gewalt anzuwenden, schon gar nicht militärische Gewalt. Die ist uns zuwider, die widerspricht unserer russischen Natur. Denn wir sind friedfertig wie unschuldige Kinder, das kann ich unseren Nachbarn und der ganzen Welt gar nicht oft genug versichern. Fürchtet euch nicht. (Martin Pollack, 19.9.2015)