Ein einzelner Baum, bizarr gekrümmt. Eine schemenhafte Bergkette akkurat gespiegelt im Wasser. Ein aus groben Brettern gezimmerter Steg verliert sich im See. Michael Kenna selbst beschreibt seine Miniaturen als visuelle Haikus. Die betörend schönen, ausschließlich in Schwarz-Weiß fotografierten Landschaftsporträts reduziert Kenna auf wenige Elemente. Einige seiner Bilder könnte man für grafische Tuschezeichnungen halten, andere erinnern an flüchtig hingekritzelte japanische Schriftzeichen.

Michael Kenna – 1953 in England geboren, er lebt heute in den USA – gilt als einer der renommiertesten Landschaftsfotografen der Gegenwart. Kenna ist ein Meister des alten Handwerks. Er fotografiert ausschließlich analog und vollendet seine Bilder in der Dunkelkammer selbst. Er hat sich auf das quadratische Format, 20 mal 20 Zentimeter, festgelegt. Die Zeit der Dämmerung und des Zwielichts ist seine Zeit. Oft hält er die Verschlusszeit seiner Hasselblad für Stunden geöffnet und lässt dem diffusen Licht Zeit, sich in den Film einzuschreiben. Flüchtige Bewegungen verwischen, eine Aura von Stille und Erhabenheit breitet sich aus.

Das FO.KU.S in Innsbruck zeigt derzeit in der Ausstellung Silent World über 100 Arbeiten aus allen Schaffensperioden. Landschaftssplitter aus Japan oder China ebenso wie düstere Industrieanlagen, dramatische Wolkenformationen oder visuelle Ikonen wie die ägyptischen Pyramiden oder das Flat Iron Building in New York. Am 20. Oktober wird Michael Kenna im FO.KU.S Forms of Japan, seinen neuen, im Prestel-Verlag erschienenen Bildband präsentieren. (dns, 21.0.2015)