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Eine Kompressorstation in der Ukraine sorgt für passenden Druck. in den Gaspipelines.

Foto: garanich

Brüssel/Moskau/Kiew/Wien – Der Herbst hat Einzug gehalten im Land. Nach einem rekordverdächtig heißen Sommer dachte wohl schon so mancher Experte mit Frösteln daran, was Länder mit starker Abhängigkeit von Gasimporten aus Russland diesen Winter zu gewärtigen haben würden.

Das liegt weniger daran, dass das von EU-Sanktionen belegte Russland kein Gas nach Europa liefern möchte; schließlich bildet der Gasverkauf die wichtigste Einnahmensäule des rohstoffreichen Landes. Die Wahrscheinlichkeit war allerdings hoch, dass die Ukraine als wichtiges Transitland für russisches Gas wie schon so man- ches Jahr zuvor bestimmte Mengen abzweigen würde. Diese Gefahr scheint, unvorhersehbare Ereignisse einmal ausgeklammert, zumindest für diesen Winter gebannt.

Details noch zu klären

In der Nacht auf Samstag haben die von Moskau und Kiew entsandten Verhandlerteams nach einer monatelangen Hängepartie unter Vermittlung der Europäischen Union in Brüssel eine Vereinbarung erzielt. Noch im Oktober wird die Ukraine demnach zwei Milliarden Kubikmeter vom russischen Energiekonzern Gazprom für ihre unterirdischen Lager kaufen. Die dazu nötigen 500 Millionen US-Dollar (etwa 446 Millionen Euro) solle die ukrainische Regierung stellen. Die Einigung sieht vor, dass Russland der Ukraine für diesen Zeitraum Gaspreise gewährt, die mit den Preisen für europäische Nachbarstaaten vergleichbar sind.

Details sind zwar noch ausständig, auch muss die Grundsatzvereinbarung noch von Moskau und Kiew unterzeichnet werden. Dass noch etwas schiefgehen kann, glaubt im Moment aber niemand. Im Endeffekt profitieren alle Beteiligten von dem Deal: Russland bekommt dringend benötigtes Geld von der Ukraine, im Zweifel indirekt über Kredite finanziert, die Brüssel Kiew gewährt. Die Ukraine bekommt Erdgas aus Russland zu günstigeren Preisen als zuletzt – und kann damit die als Jahrhundertwinter angekündigten kommenden Monate besser als befürchtet durchtauchen. Und die EU-Länder, nicht zuletzt Österreich, bekommen ebenfalls unterbrechungsfrei das dringend benötigte Erdgas frei Haus.

Russland braucht im Winter selbst mehr Gas

Wie dringend das Gas benötigt wird, zeigt ein Blick in die Gasspeicher hierzulande: Mitte September waren Österreichs Speicher mit etwas mehr als 2,9 Milliarden Kubikmeter Erdgas gefüllt, das entspricht 63 Prozent des theoretisch speicherbaren Volumens. Zum selben Zeitpunkt des Vorjahres lag der Füllstand bei 94 Prozent, was knapp 4,5 Milliarden Kubikmetern entsprach. Zum Vergleich: Österreichs Jahresverbrauch liegt je nach Härte des Winters und Konjunkturlage bei acht bis neun Milliarden Kubikmeter.

Sollte die Befüllungsrate in den nächsten Tagen und Wochen wider Erwarten doch noch erheblich steigen, wäre ein Gesamtfüllstand von 84 bis 85 Prozent wohl das Höchste der Gefühle, was sich heuer noch einstellen könnte. Denn spätestens mit November muss mehr Gas den Speichern entnommen werden, als eingespeist werden kann. Dann braucht Russland selbst zunehmend Gas für den Verbrauch im eigenen Land und drosselt traditionell die Lieferungen. Umso wichtiger ist es, dass der Transit durch die Ukraine nun gewährleistet scheint. (Günther Strobl, 28.9.2015)