Wachsen Rotkehlchen in ihrem ersten Lebensjahr in geschlossenen Räumen auf, können das Navigieren auch noch nachträglich lernen, wie deutsche Forscher nun nachweisen konnten..

Foto: Universität Oldenburg

Oldenburg – Jeglicher Umweg bedeutet für Zugvögel einen höheren Energieaufwand und schmälert damit die Chancen, ihre oft Tausende Kilometer entfernten Saison-Domizile sicher zu erreichen. Daher gelten Vögel, die zwei Mal jährlich zwischen Winterquartieren und Brutgebieten pendeln, als ausgezeichnete Navigatoren. Diese Fähigkeiten sind allerdings nicht ausschließlich angeboren: Die Jungvögel müssen das Navigieren mit Hilfe ihrer Artgenossen, des Erdmagnetfelds und der Sterne erst erlernen. Deutsche Forscher haben nun herausgefunden, dass auch ältere Vögel noch in der Lage sind, dies Fähigkeiten zu meistern.

Bisher sind Experten davon ausgegangen, dass Zugvögel nur in den ersten Monaten die Sternbilder lernen können, berichten Wissenschafter der Universität Oldenburg. Dies sei ein Problem für von Hand aufgezogene oder verletzte Tiere, die von Menschen gepflegt wurden, was häufig in geschlossenen Räumen geschieht.

Kompass und Sternbilder

Das Team um Henrik Mouritsen von der Universität Oldenburg überprüfte das nun an Rotkehlchen, die von Hand und ohne Blick auf die Sterne aufgezogen wurden. Erst in ihrem zweiten Winter wurden die Tiere so gehalten, dass sie den Himmel sehen konnten. Forscher vermuten, dass sie anhand der Sterne ihren Magnetkompass einstellen.

Tatsächlich zeigte sich, dass ältere Vögel das Navigieren noch lernen können, auch wenn sie im ersten Lebensjahr keine Sterne gesehen haben, berichteten die Wissenschafter im Fachjournal "Scientific Reports". Sie bauen ihren Orientierungssinn einfach etwas später auf.

Die Studie beweist laut den Autoren, dass die Navigationsfähigkeit von Zugvögeln deutlich flexibler ist als bisher angenommen. Ausgewilderte Vögel hätten also eine größere Chance zu überleben, da sie ein funktionierendes Navigationssystem auch noch nach ihrem ersten Herbst etablieren können.

Rätselhafter Magnetsinn

Zugvögel orientieren sich unter anderem an den Feldlinien des Erdmagnetfelds, die an den Polen senkrecht zur Erdoberfläche stehen und am Äquator fast parallel verlaufen. Diese können sie wahrnehmen und wissen auf diese Weise ziemlich genau, auf welchem Breitengrad sie sich gerade befinden und in welche Richtung sie fliegen. Obwohl es in dieser Frage in den vergangenen Jahren einige Fortschritte gegeben hat, weiß man immer noch nicht genau, wie der Magnetsinn der Vögel im Detail funktioniert.

Außerdem nutzen sie zur Orientierung den Stand der Sonne. Bei Vögeln, die in der Nacht ziehen wie das Rotkehlchen, sind die Sternbilder eine wichtige Navigationshilfe. (APA/red, 29.9.2015)