Marco Michael Wanda trägt eine Hose von Jil Sander, ein Hemd von Brioni, einen Pulli von Belstaff und Sneakers von Onitsuka Tiger.

Foto: Irina Gavrich

Marco in einer Hose von Paul Smith, der Gürtel ist von Zegna, die Regenjacke und der Mantel sind von Louis Vuitton, der Wollmantel ist von Brioni, und die Sneakers sind von Onitsuka Tiger.

Foto: Irina Gavrich

Der Mantel ist von Paul Smith, das Hemd von Brioni und der Pulli von Calvin Klein Collection.

Foto: Irina Gavrich

Der Dufflecoat und der Pulli sind von Bottega Veneta, die Bundfaltenhose ist von Brioni.

Foto: Irina Gavrich

Die Hose und der Gürtel sind von Zegna, der Pulli ist von Calvin Klein Collection, der Rollkragen von Giorgio Armani, der Schal von Versace, und die Sneakers sind von Onitsuka Tiger.

Foto: Irina Gavrich

Der Cordmantel ist von Burberry Prorsum, der Pulli mit Polokragen von Jil Sander, die Hose von Paul Smith, und die Sneakers sind von Onitsuka Tiger.

Foto: Irina Gavrich

Marco Michael Wanda trägt einen Mantel und einen Pulli von Bottega Veneta, eine Hose von Brioni und Sneakers von Onitsuka Tiger.

Über das Shooting:
Fotos: Irina Gavrich
Styling: Nina Petters
Fotoassistenz: Moritz Zangl
Make-up: Patrick Glatthaar
Fotografiert im Maleratelier von Alexander Ruthner (eine Ausstellung von ihm sehen Sie im Büro Weltausstellung, Praterstraße 42, 1020 Wien) .

Foto: Irina Gavrich

STANDARD: Auf unseren Bildern tragen Sie durchgehend Sneakers. Im richtigen Leben, meinten Sie, würden Sie nie welche tragen. Das gehöre sich für einen Rockmusiker nicht. Wie hat denn für Sie ein Rockmusiker auszuschauen?

Wanda: Es kann sicher auch jemand Rockmusik spielen, der Joggingschuhe anhat. Aber ich würde es niemandem raten. Beim Rock 'n' Roll stampft man häufig mit dem Fuß auf den Boden, da braucht man solides Schuhwerk.

STANDARD: Die Entscheidung gegen Sneakers hat also rein praktische Gründe?

Wanda: Mir ist es wichtig, dass ich im Fotoshooting so rüberkomme, wie ich bin. Ich bin ein sehr konservativer Mensch, was Kleidung betrifft. Ich finde, ich leiste etwas Unglaubliches, nämlich dass ich mich durch Mode verfremden lasse. Dass ich mich darauf einlasse, rechne ich mir hoch an.

STANDARD: Sie waren während des Shootings sehr pflegeleicht ...

Wanda: Seit zehn Jahren laufe ich in der gleichen Kleidung herum. Einmal etwas anderes zu tragen fand ich sehr aufregend. So schnell muss ich das aber nicht mehr machen.

STANDARD: Inwieweit definieren Sie sich über Kleidung? Beziehungsweise: Inwieweit zeichnen Sie durch Kleidung ein bestimmtes Bild von sich?

Wanda: Jetzt wird's kompliziert. Es ist für mich totale Routine, wie ich mich anziehe. Darüber mache ich mir keine Gedanken. Ich habe nur zwei verschiedene Stile. Das eine sind eine Lederjacke und zerrissene Jeans, das ist mein bequemes Ich, so fühle ich mich wohl, so fühle ich mich männlich, das ist mir nicht unwichtig. In besonders zerstreuten Phasen, in Zeiten, wo ich nur saufe, in der Nacht unterwegs bin oder Lieder schreibe, da ziehe ich mich dagegen besonders ordentlich an, am besten Anzug mit Krawatte. Damit dieser Wahnsinn in mir verborgen bleibt. Kleidung wird dann für mich zur Tarnung.

STANDARD: Die Lederjacke ist zu Ihrem Markenzeichen geworden. Sie haben einmal gesagt, dass das einzige Konzept hinter Wanda darin besteht, dass "jedem in der Band die Lederjacke wie angegossen stehen" müsse. Kleidung scheint doch wichtiger zu sein, als Sie zugeben wollen.

Wanda: Das war mit Schmäh gesagt. Ein bisschen etwas Wahres ist aber dran. Unser Bassist hat am Anfang Muskelshirts oder bedruckte T-Shirts getragen und etwas längere Haare gehabt. Wir wollten das nicht. Mittlerweile hat er einen fantastischen modischen Geschmack entwickelt. Besser als ich sogar. Das Outfit muss zur Musik passen. Dass ein DJ in einem T-Shirt herumläuft, ist klar, als Rockmusiker ist die Lederjacke naheliegender.

STANDARD: Gibt es Musiker, von denen Sie sich modisch etwas abschauen?

Wanda: Nein, Mode ist überhaupt nicht auf meinem Radar. Ich bin blind dafür. Ich habe einen sehr langen, von meinen italienischen Vorfahren geerbten Körper, und ich weiß genau, was dem steht und was nicht.

STANDARD: Durch Kleidung zeichnet man auch ein bestimmtes Männerbild von sich. Welche Art von Mann möchten Sie verkörpern?

Wanda: Einen sehr natürlichen. Ich überlege mir nicht, wie man besonders männlich sein könnte. Das fände ich verrückt. Ich habe eine Halbglatze, das bedeutet, ich habe sehr viel Testosteron. Das war's aber auch schon.

STANDARD: Ich frage, weil Wanda letztens in der "Zeit" als die Verkörperung einer "Neo-Männlichkeit" gepriesen worden sind. Als "Machos mit menschlichem Antlitz". Können Sie damit etwas anfangen?

Wanda: Um Gottes willen. Wir sind halt keine haubentragenden Ich-hab-Angst-vor-meinem-männlichen-Körper-Typen. Wir fühlen uns in unserem Geschlecht gut aufgehoben, aber respektieren bei anderen das Bedürfnis, mit Geschlechterrollen zu spielen. Ich finde das großartig. Ich bin ein großer Fan von David Bowie, er turnt mich wahnsinnig an.

STANDARD: Spielen Sie nicht auch mit Geschlechterrollen? Das Bild des dauerrauchenden, Schnaps trinkenden, Lederjacke tragenden Musikers ist doch auch ein Männer-, ein Machoklischee.

Wanda: Überhaupt nicht. Ich inszeniere meine Männlichkeit nicht. Für mich grenzt das an die ganz langweilige Frage nach der Authentizität. Es ist ein Privileg in dieser Gesellschaft, mit einem Ich-Entwurf zu spielen.

STANDARD: Also doch ein Spiel mit Ich-Entwürfen?

Wanda: Oh Gott, nein! Man muss natürlich zugeben, dass man sich inszeniert, wenn man etwas trägt, das über das Fell, das einen wärmt, hinausgeht. Aber ich bin so, wie ich bin. Soll ich mir jetzt ein Kleid anziehen? Ich kenne auch meine Bandkollegen sehr gut. Die gehen nicht bucklig, sondern aufrecht, haben breite Oberkörper. Sie haben alle gehackelt, sprich: Sie haben sehr kräftige Körper. Unser Bassist war phasenweise Bauarbeiter. Auch ich war immer sehr körperlich unterwegs. Wir haben alle in unserer Jugend Sport gemacht. Der Rest ist Alkohol.

STANDARD: Was bedeutet für Sie, ein Mann zu sein?

Wanda: Das ist ein Konzept, das sehr offen ist. Ich habe über den Islam etwas sehr Interessantes gelesen: Dort gibt es das Männlichkeitskonzept des Dienenden. Der Mann ist jemand, der dient. Das finde ich ein wunderschönes Bild. Ob das für mich auch so ist, weiß ich nicht.

STANDARD: Anlässlich Ihres neuen Albums "Bussi" gab es Vorwürfe von Sexismus. Unter anderem, weil die feminismuskritische Autorin Ronja von Rönne in einem Video auftritt. Hat Sie das getroffen?

Wanda: Ich habe mich nicht getroffen gefühlt. Ich habe es zurückgewiesen, und um das glaubhaft zu machen, bedurfte es einer gewissen aggressiven Energie. Das Ganze ist schlichtweg Blödsinn. Wir haben einfach nur eine starke Frau gesucht und in Ronja eine starke Frau gefunden. Sie hat eine Modelvergangenheit, und das hat gut gepasst.

STANDARD: Sie wussten nicht, dass von Rönne einen äußerst kontrovers diskutierten Artikel über Feminismus geschrieben hat?

Wanda: Ich wusste das nicht. Wenn das so ist, finde ich es schade, dass man sich nicht über intelligentere Annäherungen an den Feminismus aufregt. Aber ich schließe die Zusammenarbeit nicht aus, nur weil jemand ein schlechtes Image in der Öffentlichkeit hat.

STANDARD: In Ihren Liedtexten werden Frauen oft als "Baby" bezeichnet. Manche argumentieren, das sei frauenfeindlich.

Wanda: Ich nenne auch meinen Vater Baby! Ich nenne meinen Manager Baby und Schatzi und Mausi! In dieser Hinsicht haben wir eher etwas Tuntenhaftes als etwas artikuliert Männliches. Was sagen diese Leute bloß über Joe Cocker und sein Lied: "You Can Leave Your Hat On"? Wenn wir so paranoid sind, dass wir dem Rock 'n' Roll seine Reibungsfläche nehmen wollen, dann bitte! Ich halte das aber für langweilig. Unsere Platten bringen niemanden um, ganz im Gegenteil. Ich glaube, dass unsere Texte einen Triumph über das Leben darstellen. Wir artikulieren Lebensfreude und Toleranz und Respekt. Die Schlüsselzeile unseres letzten Albums lautet: "Wenn jemand fragt, wofür du stehst, dann sag für Amore!" Und damit meine ich ausdrücklich nicht Zungenküsse!

STANDARD: In den Vorwürfen drückt sich eine starke Political Correctness aus. Wie gehen Sie damit um?

Wanda: Ich staune immer wieder, welche Vorwürfe kommen. Ich finde das geistesgestört. Wir provozieren ja nicht bewusst.

STANDARD: Andreas Gabalier hat in diesem Kontext von "Genderwahn" gesprochen. Stimmen Sie ihm zu?

Wanda: Nein, das würde ich nie sagen. Mir steht es nicht zu, das zu beurteilen. Ich verstehe es auch nicht. Es ist mir nicht beizubringen, dass ich etwas Falsches gesagt habe.

STANDARD: Wie singen Sie die österreichische Bundeshymne? Die Originalversion oder die modifizierte?

Wanda: Ich würde sie überhaupt nicht singen, zumal ich den Text nicht kann. Mit diesem Nationalismus habe ich keine Berührungspunkte.

STANDARD: Sie lassen gerne Dinge im Dunkeln. Möchten Sie sich bewusst etwas Mysteriöses verleihen?

Wanda: Ich kann über mein Image nicht wirklich etwas sagen. Ich glaube nicht, dass mich jemand jemals wirklich kennenlernen wird. Alles, was ich sage, kommt mir extrem eintönig, gleichförmig und unspektakulär vor. Ich bin nicht krankhaft bemüht, ein Bild von mir in der Öffentlichkeit zu zeichnen. Wir haben in diesem Jahr 120 Konzerte gespielt. Ich habe gar keine Zeit, mir eine Kunstfigur zu überlegen. Ich will einfach nur Musik machen.

STANDARD: Sehen Sie sich selbst als politischen Menschen?

Wanda: Nein, da bin ich nicht wirklich auf dem Laufenden.

STANDARD: Beim Shooting wollten Sie ein "Refugees welcome"-Transparent in die Kamera halten. Hat man als Künstler besondere gesellschaftspolitische Verantwortung?

Wanda: Das glaube ich nicht. Ich habe mich sehr gefreut, dass sich viele Kollegen geäußert haben. Auch wir haben das gemacht. Aber in einen politischen Diskurs werden wir nicht einsteigen. Ich möchte mit der Flüchtlingsproblematik keine Platten verkaufen.

STANDARD: Es solidarisieren sich viele Menschen. Es gibt auch viele, die Angst äußern. Was sagen Sie solchen Menschen?

Wanda: Es wäre beleidigend, Angst abzutun. Angst ist eine reale Größe und auch ein großes Thema in unserer Musik. Wir sind immer davon ausgegangen, dass Angst das einzig große Problem dieser Gesellschaft ist. Aber ich glaube an eine gewisse Unveränderlichkeit der Tatsachen. Veränderung braucht Zeit. Langfristig bin ich allerdings optimistisch, es ist eine zivilisatorische Notwendigkeit, Toleranz zu entwickeln. Sonst geht alles kaputt. (Stephan Hilpold, Rondo, 1.10.2015)

Bild nicht mehr verfügbar.

Cover: Wanda: Bussi (Vertigo/Capitol/Universal)

Der Schweiß der Sieger

"Bussi" gefällig? Am Freitag erscheint das zweite Album von Wanda

Einen Gutteil der Lieder ihres zweiten Albums haben Wanda schon zurzeit ihres Debüts "Amore" geschrieben. Entsprechend gut abgehangen klingen sie jetzt. Ein ordentlicher Speck entsteht ja auch nicht über Nacht. Wobei die Mischung aus einfachen Slogans und eingängigen Melodien einer avancierteren Erzählweise gewichen ist. Ohne dass es irgendwo zu schwierig würde. Dazu kommt der Geruch des Siegerschweißes. Wanda sind seit "Amore" auf Welteroberungstour. Zumindest im deutschen Sprachraum haben sie seither kaum Gefangene gemacht, haben im letzten Jahr vor fast 300.000 Menschen gespielt. Das gibt Selbstvertrauen, und das ist vielleicht der Grundton des Albums und das, was so vielen anderen abgeht.

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Das zart anlassig betitelte "Bussi" führt den Schmäh der Band konsequent fort. Es geht ums Goschertsein, ein bisserl Deppertsein darf nicht fehlen, aber man muss eine gute Figur machen, wenn man die Hosen runterlässt. Wanda leben das vor. Sänger Marco Michael Wanda scheint sich seine Lieder über weite Strecken aus der eigenen Biografie zu schneiden. Zumindest klingen die Songs im angezogenen Gassenhauerstil wie Aufzeichnungen aus selbst durchwachten Nächten. Der geheime Hit ist vielleicht "Lieber dann als wann", aber wer weiß das schon? Wer dem Phänomen Wanda erliegt oder schon erlegen ist, findet in den zwölf Stücken wenige Durchhänger.

Bloß "Nimm sie, wenn du's brauchst" beginnt schwach und wird nicht besser. Auch "Sterne" kann nicht viel, ist formal vergleichsweise ideenarm. Der Rest flutscht, wie man so schön sagt, geht runter wie die ersten fünf Bier gegen den Durst. "The Power of Positive Drinking" hat Lou Reed das einmal genannt. Der hat damals nicht gut ausgeschaut. Wanda schon. (flu)

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