Wien – Wer sich mit Anwälten anlegt, muss sacht formulieren. Diese Erfahrung macht auch Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) dieser Tage. Der Minister reagierte am Dienstag auf die öffentlich verkündete Forderung der Anwälte nach einer Inflationsanpassung ihrer gesetzlichen Tarife. Es tue ihm leid, so Brandstetter sinngemäß, aber das müsse er erst mit dem Finanzminister besprechen, so wolle es das Gesetz.

Rechtsanwälte: "Bedauerliche Unkenntnis" bei Minister

Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) reagierte postwendend: "Unkenntnis des Justizministers bedauerlich", betitelte ÖRAK-Präsident Rupert Wolff eine Aussendung. Das Gesetz schreibe gar nicht vor, den Finanzminister zu befragen. "Brandstetter hat mir mehrfach persönlich versichert, dass unsere Forderung berechtigt ist", sagt Wolff. Der Minister berufe sich auf "Vorschriften, die so nicht existieren". Der Tarifstreit geht somit in die nächste Runde.

Die Anwälte haben ein Druckmittel in der Hand: Sie setzen ab Anfang November ihre kostenlosen Erstberatungen aus. Brandstetter hat dafür "absolut kein Verständnis", wie er der APA sagte. Der Stopp der Gratisberatung würde vor allem die ökonomisch schwächeren Teile der Bevölkerung treffen. Die Forderung der Rechtsanwälte selbst sei nachvollziehbar. Er wolle aber zuerst das Einvernehmen mit Finanzminister und Hauptausschuss des Nationalrats suchen. (sterk, 29.9.2015)