Die Erstausgabe von "Radetzkymarsch".

Eigenes Foto, Antiquariat Dr. Haack, Privatbesitz, CC BY 3.0 über Wikimedia Commons

Joseph Roth im Jahr 1926.

Foto: Gemeinfrei

Das Buch beginnt mit dem Schlüsselereignis: Joseph Trotta rettet in der Schlacht von Solferino Kaiser Franz Joseph das Leben. Seine Geistesgegenwart bringt dem jungen Leutnant nicht nur Ruhm, sondern verhilft der Familie auch zum Adelstitel. Und es ist auch das Ereignis, das die Geschichte der Familie Trotta aus Sipolje über drei weitere Generationen definieren wird und gleichsam ihr Schicksal besiegelt.

Drei Generationen, dreimal Unglück

Die im Zentrum der Geschichte stehenden drei Generationen der Familie von Trotta sind hochgradig pflichtbewusst und kaisertreu. Erst beim letzten Trotta fängt das Konstrukt an zu zerbröseln. Allen gemein ist ihre Unfähigkeit, Liebe und Herzlichkeit zueinander auszudrücken, was auch für die ergreifend traurigen Momente der Handlung sorgt, da man sich als Leser der vielen verpassten Gelegenheiten bewusst ist. Die Väter bestimmen allesamt den Lebensweg der Söhne, als der letzte "alte Baron" schließlich damit aufhört und seinem Sohn gestattet, die verhasste Militärkarriere zu beenden, kommt diese Einsicht zu spät. Der Sohn, Enkel des "Helden von Solferino", stirbt einen ruhmlosen Tod, "ungeeignet zur Behandlung in Lesebüchern" und "nicht mit der Waffe, sondern mit zwei Wassereimern in der Hand".

"Der Alte stirbt!"

Ähnlich einem Fixstern am Himmel ist die Bedeutung des Kaisers für die von Trottas und für die Handlung. Über Generationen in seinem Dienst, geht das junge Adelsgeschlecht schließlich gemeinsam mit ihm unter. Einige Kapitel und Passagen sind gänzlich aus seiner Sicht geschrieben, dadurch wird er zutiefst menschlich porträtiert. Sein Tod kommt fast zur selben Zeit wie der des alten Barons von Trotta, im "sanften Säuseln der Welt". Am Ende des Buches bleibt kein Zweifel bestehen, dass der Untergang des Kaiserreichs und der alten Heimat damit besiegelt ist.

Schreiben gegen den Heimatverlust

1932 erschienen, wurde "Radetzkymarsch" bereits ein Jahr später ins Englische übersetzt und seither zweimal verfilmt. Der 1894 im galizischen Brody geborene Roth schrieb den Roman quasi am Vorabend der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten in Deutschland und kurz vor der eigenen Emigration. Er starb 1939 im Pariser Exil.

Wie ist Ihre Meinung zu Joseph Roths "Radetzkymarsch"?

Wie reiht sich der "Radetzkymarsch" in die anderen Werke Joseph Roths ein? Bildet er Ihrer Meinung nach das kollektive Trauma von Roths Generation ab? In welchen anderen Büchern werden die schicksalhaften letzten Jahre der Monarchie behandelt? Haben Ihnen die Verfilmungen gefallen? Finden Sie das Werk eher die Vergangenheit verklärend oder kritisierend? (aan, 9.12.2015)