Wien – Zwischen dem Roten Kreuz und Grünen Kreuzen tobt ein Rechtsstreit, der jetzt in Klagen gegen die Republik gipfelt. Die Grünen Kreuze müssen ihre Mitarbeiter womöglich nach dem für sie teureren Kollektivvertrag des Roten Kreuzes bezahlen, finden das aber ungerecht, zumal die Mitarbeiter dann netto weniger verdienen würden.

Deshalb sind mehrere Grüne Kreuze aus der Steiermark nun gegen das für den Rot-Kreuz-Kollektivvertrag zuständige Bundeseinigungsamt vor Gericht gezogen. Durch Nachzahlungen an die Gebietskrankenkasse entstehe ihnen ein erheblicher Schaden, argumentieren sie.

"Quasi-Monopolist"

Das Bundeseinigungsamt "ermöglicht einem Quasi-Monopolisten, den wenigen Konkurrenten den eigenen Kollektivvertrag überzustülpen", sagte Anwalt Michael Poduschka. "Dadurch ergibt sich die Gefahr, dass die Existenz der Grünen Kreuze infrage gestellt wird."

Poduschka hat für einige Grüne Kreuze aus der Steiermark drei Amtshaftungsklagen gegen die Finanzprokuratur als Vertreterin der Republik eingebracht. Gegen die Republik deshalb, weil diese für das Bundeseinigungsamt haftet. Das Amt ist dafür zuständig, Berufsvereinigungen oder Dachverbänden eine Kollektivvertragsfähigkeit zuzuerkennen.

Ausschuss für Kollektivvertrag

Im Falle des Roten Kreuzes hätte das das Amt aber nicht tun dürfen, so Poduschka in der Klage. Schon im Jahr 2013 habe der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) "eindeutig" festgestellt, dass das Rote Kreuz nicht kollektivvertragsfähig sei. Daraufhin sei das Bundeseinigungsamt ein Jahr "völlig untätig" geblieben. Im Juni 2014 schließlich habe das Amt die Kollektivvertragsfähigkeit des Roten Kreuzes erneut festgestellt.

Ermöglicht worden sei das durch eine Statutenänderung, mit der in der Satzung des Roten Kreuzes ein Kollektivvertragssausschuss eingeführt wurde. "Dieser Ausschuss nimmt die Interessensvertretung im Hinblick auf die Regelung der Arbeitsbedingungen wahr und entscheidet mit einfacher Mehrheit. Für je zehn vollversichert beschäftigte Arbeitnehmer steht den Vertretern ein Stimmrecht zu", wird in der Klage ausgeführt. Da das Rote Kreuz 7.258 Personen beschäftigte und das Grüne Kreuz lediglich 600 bis 800, kämen dem Roten Kreuz im Ausschuss 725 Stimmen zu, den Grünen Kreuzen nur 80. De facto könne also das Rote Kreuz wieder autonom über die Ausgestaltung des Kollektivvertrags entscheiden.

Schaden entstanden

Da das Bundeseinigungsamt die Kollektivvertragsfähigkeit trotzdem bejaht hat, sei den Grünen Kreuzen ein Schaden entstanden. Diesen wollen die Kläger nun vom Staat ersetzt bekommen.

In einer der drei Klagen machen zwei steirische Regionalstellen des Grünen Kreuzes allein für einen fünfmonatigen Zeitraum im Jahr 2012 einen Schaden von knapp 58.000 Euro geltend. Es seien dies Mehrkosten, die sich im Gefolge von Prüfungen durch die Gebietskrankenkasse ergäben. Die Krankenkasse wende bei den Grünen Kreuzen den Kollektivvertrag des Roten Kreuzes an. Den Grünen Kreuzen drohen laut Poduschka Abgaben-Nachzahlungen bis ins Jahr 2008.

Höhere Kosten für Arbeitgeber

Derzeit beschäftigten die Grünen Kreuze ihre Mitarbeiter nach dem Bundeskollektivvertrag für das Personenbeförderungsgewerbe mit Pkw. Dieser ist, so Poduschka, für die Arbeitnehmer günstiger als der Kollektivvertrag des roten Kreuzes. "Beim Rot-Kreuz-KV kommt für die Mitarbeiter weniger raus, aber den Arbeitgeber kostet es mehr."

Beim Roten Kreuz war zu dem Thema vorerst keine Stellungnahme zu erhalten, bei der Finanzprokuratur war am Donnerstagabend niemand zu erreichen.

Die erste Verhandlung in der Sache findet am Montag am Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien statt. (APA, 2.10.2015)