Am Wiener Hauptbahnhof wurde am vergangenen Donnerstag das Motel One offiziell eröffnet. Seinen Betrieb hatte es schon vor einigen Monaten aufgenommen.

Foto: Motel One

Bei 10,73 Milliarden Euro lag das Investitionsvolumen auf dem europäischen Hotelimmobilienmarkt im ersten Halbjahr 2014 – das waren bereits 85 Prozent des Gesamtvolumens aus dem Jahr 2014. Beim Gewerbeimmobiliendienstleister CBRE geht man gar davon aus, dass bis Jahresende erstmals die 20-Milliarden-Euro-Marke geknackt werden kann.

Unterschiedliche Märkte

Die positive Stimmung bemerkt auch Michael Widmann von PKF Hotelexperts: "Der europäische Markt ist grundsätzlich ein guter – sowohl was die Performance als auch was die Investitionen angeht." Martin Schaffer vom Hotelberatungsunternehmen MRP betont aber, dass es in Europa zwei unterschiedliche Märkte gibt: Erstens die CEE-Region, die – mit Ausnahme von Polen – nach wie vor äußerst schwierig sei. In Ländern wie Tschechien, Rumänien und Bulgarien seien neue Hotelprojekte schwierig umzusetzen, in Ungarn gebe es erste Anzeichen für eine Erholung, obwohl die politische Situation schwierig sei. Die Hotels in Budapest seien zwar – allen Erwartungen zum Trotz – "außergewöhnlich gut" ausgelastet, so Widmann, Investoren würden aber derzeit einen Bogen um Ungarn machen.

Der derzeitige "Boom" betrifft aber ohnehin eher den zweiten, den westeuropäischen Markt, wie auch das Ranking von CBRE belegt: Das stärkste Investmentvolumen verzeichnete im ersten Halbjahr Großbritannien, gefolgt von Deutschland, Frankreich und Spanien.

Renditeerwartungen gesunken

"Hotelimmobilien setzen ihren Trend fort und werden im Vergleich zu anderen Nutzungklassen immer attraktiver", heißt es im CBRE-Report. Laut Widmann gibt es zweierlei Gründe dafür: Einerseits sei die Renditeerwartung in den letzten Jahren so weit gesunken, dass Hotels diese auch erwirtschaften können. Vor zwei Jahren sei noch eine Rendite von bis zu sieben Prozent verlangt worden, nun würde man sich auch mit 5,5 Prozent zufriedengeben. "Und Hotels haben einen stetigen Cashflow", so Widmann. Die Gefahr von Leerstand sei gering.

Das Feld der Investoren ist laut dem Experten "bunt gemischt": "Es ist auch die Stärke der jetzigen Situation, dass die Investitionen nicht auf ein Land oder eine Investorenklasse bezogen sind." Derzeit sind jedoch besonders viele institutionelle Investoren am Markt unterwegs, darunter viele Fonds und immer mehr Pensions- und Lebensversicherungen.

Immer wieder ist außerdem die Rede von Investoren aus Asien, etwa aus Korea oder China. "Das konzentriert sich aber noch stark auf London", sagt Widmann. Interesse von außerhalb Europas sei aber durchaus vorhanden. Einzig russische und osteuropäische Investoren hätten sich großteils zurückgezogen.

Potenzial für Preiswertes

Großes Potenzial sehen die Experten im Budget- und Midscale-Bereich in Städten: "Das sind gute und investorentaugliche Produkte, für die es auch Pächter gibt", sagt Schaffer. In diesem Bereich hat laut Widmann ein "komplettes Umdenken" stattgefunden: Früher seien Investoren hauptsächlich an Hotels aus dem Vier-Sterne-plus-Segment interessiert gewesen, nun seien preiswertere Hotels "salonfähig" geworden. "Vielleicht ist das Interesse an diesem Segment schon fast zu groß", sagt Widmann.

In vielen Städten gebe es jedoch nach wie vor ein Unterangebot an Hotels, "die preiswert sind und Spaß machen". Widmann sieht in dem Bereich noch Wachstumschancen – vor allem in der Kombination aus Budget und Lifestyle: "Dazu gibt es noch ganz wenig Angebot."

Adriaraum im Fokus

Noch ein Bereich, in dem der Experte Wachstumschancen sieht: "Wir sehen seit eineinhalb Jahren eine enorme Nachfrage im Adriaraum, vor allem in Kroatien und Montenegro", so Widmann. Erste Investoren würden dort nun nach zehn Jahren Pause wieder aktiv werden, viele große Projekte an der Küste entwickelt werden. "Diese Gegend steht vor einem Investitionsboom."

Insgesamt werde es in Südeuropa nun wieder verstärkt Investments geben – solange die politischen Begleitumstände passen: "Denn die größte Gefahr für Hotellerie und Tourismus stellt eine dumme, nationalistische Politik dar", warnt Widmann – auch mit Blick auf Länder wie Polen, Tschechien, Ungarn und Mazedonien. (Franziska Zoidl, 3.10.2015)