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Schwierige Bedingungen für das erste Budget von Hans Jörg Schelling: Trotz Arbeitslosigkeit, Flüchtlingen und Kosten der Steuerreform soll die Null stehen.

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Wien – Wenn Finanzminister Hans Jörg Schelling kommenden Mittwoch im Parlament sein erstes Budget vorstellt, liegt die Latte – zumindest rhetorisch – tief: Vorvorgängerin Maria Fekter hatte die Budgetrede zur lähmenden Vorlesestunde degradiert, Michael Spindelegger sprach zwar freier, aber weitgehend pointenlos.

Dafür dürfte Schelling beim Berechnen des Budgets für das Jahr 2016 eine andere Richtmarke Sorgen bereiten. Laut EU-Vorgaben muss Österreich ein Nulldefizit erreichen, was gemäß der relevanten Vorgaben bedeutet: Das "strukturelle", ergo um Konjunkturschwankungen und Einmaleffekte wie die Bankenhilfe bereinigte Minus im Staatshaushalt darf maximal 0,54 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen. Österreich hat dieses Ziel bereits im Vorjahr, und damit früher als verlangt, erreicht (siehe Grafik). Doch im kommenden Jahr, glauben Experten, droht ein Rückfall.

Vier Milliarden für Steuerreform

Der Grund ist das einzige Prestigeprojekt der Regierung: Bereits 2016 wollen rund vier Milliarden Euro Einnahmenausfall aus der Lohn- und Einkommensteuersenkung kompensiert werden. Dies soll gelingen, indem Steuerbetrug rigoros bekämpft wird – mit scharfen Kontrollen und der Registrierkassenpflicht für Unternehmen. Fachleute halten sie Erwartungen à la longue für durchaus realistisch, kurzfristig – 1,9 Milliarden im kommenden Jahr – aber für überzogen. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und der Rechnungshof sind skeptisch, der Fiskalrat hat im Juli bereits ein strukturelles Defizit von einem bis 1,6 Prozent prophezeit.

Schelling hingegen beharrt bisher auf seinen 0,5 Prozent und wird diese wohl auch ins Budget schreiben. In der Folge hätte er zwei Möglichkeiten, die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit im Budget zu überbrücken. Schelling kann auf Zeitgewinn setzen, auf geänderte Umstände hoffen und Mahnbriefe aus Brüssel wegen Zielverfehlung riskieren. Oder aber der ÖVP-Politiker ruft nach einem neuen Sparpaket.

Bruchstelle für Koalition

Ein passender Zeitpunkt böte sich im Frühling des nächsten Jahres: Bis Ende Februar wollen SPÖ und ÖVP entscheiden, ob neue Pensionsreformen nötig sind, wobei die schwarze Seite vom Ja bereits überzeugt ist. Es ist keine gewagte Prognose, dass eine solche Debatte ein potenzieller Sprengsatz für die fragile Koalition wäre. Ob dieser detoniert, hängt auch von der ebenfalls im Frühjahr angesetzten Präsidentenwahl ab: Die Gewinnerpartei könnte Absprungsgelüste verspüren.

Rasenmäher rattert

Den Ressorts drohen die üblichen Rasenmäherkürzungen, wobei die Lage vor allem für das Bildungsministerium prekär ist. Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek schleppt ein permanentes Budgetloch (derzeit 340 Millionen) mit, hat aber wegen fixer Personalkosten kaum Spielraum zum Stopfen. Bisher zeigten sich schwarze Finanzminister unerbittlich – zum Schaden der roten Ressortchefin, die sich schon im Vorjahr mit einem umstrittenen Kürzungsplan in eine politisch selbstmörderische Situation manövrierte.

Entwicklungshilfe nicht aufgestockt

Geld drauflegen muss Schelling hingegen zwangsläufig wegen des Flüchtlingszustroms nach Österreich. Der Minister bezifferte die Kosten für das kommende Jahr mit 0,3 Prozent des BIP, was etwa einer Milliarde Euro entspricht. Vorausblickende Investitionen, um das Problem in Krisenstaaten an der Wurzel zu packen, sind damit offenbar nicht gemeint: Abgesehen von einer Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds kündigte das Außenministerium an, die ohnehin spärlichen Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit nicht zu erhöhen. (Gerald John, 10.10.2015)