Nach den harten politischen Bandagen im Wahlkampf müssen sich die kommenden Wiener Regierungsparteien wieder den Herausforderungen der Zukunft widmen. Und davon gibt es zuhauf: Denn der rasante Bevölkerungsanstieg in der Bundeshauptstadt wird dafür sorgen, dass Wien in den kommenden 15 Jahren um etwa 250.000 Menschen und damit fast um die Einwohnerzahl von Graz wächst. Und das ist die zweitgrößte Stadt Österreichs.

Einerseits spricht das natürlich für die Attraktivität und die Lebensqualität Wiens. Städte werden von Zuwanderern aus dem In- und Ausland nur dann angesteuert, wenn etwas geboten wird. Und "etwas" ist in diesem Fall Arbeit, Wohnen, Bildung, Sport, Kultur, Gastronomie, Musik und vieles mehr. Zweitens stellt das aber die Infrastruktur vor große Aufgaben. Diese ist aufrechtzuerhalten, aber auch neu zu schaffen. Dazu wird das soziale Gefüge auf die Probe gestellt: Die Integration von Migranten und Flüchtlingen bleibt ein großes Thema.

2012 wurde im Vergleich zum Jahr davor sprunghafter Anstieg des Bevölkerungswachstums um das Doppelte festgestellt. Mehr als 22.300 Menschen kamen damals neu dazu. 2013 wuchs Wien um 22.700 Bürger, 2014 betrug das Wachstum bereits 26.700 Menschen. Die Stadt Wien musste aufgrund dieser Dynamik ihre Prognosen korrigieren: Schon 2029 wird Wien die Zwei-Millionen-Marke überschreiten.

Um die neuen Wiener in leistbaren Wohnungen unterzubringen und gleichzeitig die Mietpreise nicht explodieren zu lassen, ist vor allem das Wohnbau- sowie das Planungsressort gefordert. 2014 wurden laut Stadtrat Michael Ludwig (SPÖ) 7300 geförderte Wohnungen übergeben, dazu kamen 1500 bis 1600 frei finanzierte Unterkünfte.

10.000 neue Wohnungen

Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) warb im Wahlkampf mit der Schaffung von 10.000 neuen Wohnungen pro Jahr. 2014 war man mit etwa 7900 Wohnungen von dieser Vorgabe noch ordentlich entfernt.

Einig sind sich alle Parteien, dass in der Stadt nachverdichtet werden muss. Potenzial wird im Dachbodenausbau gesehen. Hier könnten laut ÖVP 20.000 Wohnungen errichtet werden. Für SPÖ und auch Grüne muss hie und da auch höher gebaut werden können. Aktuelle umstrittene Projekte sind der 73-Meter-Hochhausturm am Heumarkt beim Wiener Eislaufverein oder der 150-Meter-Wohnturm "Danube Flats" im Uferbereich der Neuen Donau an der Reichsbrücke. "Menschen, die dort wohnen, werden beim Nachverdichten nicht in Jubel ausbrechen", sagte der grüne Planungssprecher Christoph Chorherr vor der Wahl. Wenn es nötig sei, müsse man sich "politisch trauen".

Alleine im Pflichtschulbereich müssen in den kommenden Jahren bis zu 100 Klassen entstehen, sagte Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ). Bundesschulen müssten davon etwa 25 Klassen beisteuern. Zudem würden jährlich 100 neue Kindergartengruppen benötigt, 40 davon in städtischen Einrichtungen.

Die Finanzierung wird eine Herausforderung: Schon jetzt kämpft die Stadt mit Rekordschulden in Höhe von fünf Milliarden Euro – exklusive ausgelagerter Betriebe. Dazu kommt, trotz Rekordbeschäftigung, eine Rekordarbeitslosigkeit: Fast 120.000 Menschen sind als arbeitslos vorgemerkt. (red, 12.10.2015)