Sollten die Grünen bei der Wien-Wahl Stimmen verlieren, hatte Maria Vassilakou bereits im August gesagt, dann sei es an der Zeit, "dass die nächste Generation bei den Grünen übernimmt". Diese Aussage hängt der Wiener Grünen-Chefin nun nach. Denn ihre Partei hat nach der Wahl am Sonntag ein Minus vorn stehen – wenn auch ein kleines. Die Neuauflage von Rot-Grün erscheint realistisch, vor allem wegen mangelnder Alternativen. Da ist es in Vassilakous Augen verlockend weiterzumachen – zumal inhaltlich noch viele Projekte anstehen. Aber das hätte sie sich vorher überlegen müssen.

Die rot-grüne Koalition stand in den vergangenen fünf Jahren unter strenger Beobachtung. Zum ersten Mal einigten sich SPÖ und Grüne auf eine Zusammenarbeit in Wien. Viele Rote waren gar nicht glücklich darüber. Die Opposition wetterte bei jeder Gelegenheit dagegen. Zunächst gab es den Konflikt um die Parkraumbewirtschaftung, dann Streitereien wegen der Mariahilfer Straße. Vassilakou wurde massiv angegriffen – zog ihre Projekte aber durch.

Dass sie nun in die Trickkiste greift und das Minus ignoriert, können ihr die Wähler zum Vorwurf machen – selbst wenn durch die höhere Wahlbeteiligung in absoluten Zahlen kein Stimmenverlust gegeben ist. Sie kündigte im STANDARD-Interview nun an, die Partei trotzdem in Koalitionsverhandlungen führen zu wollen. Das widerspricht ihrer sonst so konsequenten Linie. (Rosa Winkler-Hermaden, 11.10.2015)