Alexander Lukaschenko hat zum fünften Mal die Präsidentschaftswahlen in Weißrussland gewonnen und bleibt damit mindestens bis zum Jahr 2020 im Amt. Der Sieg wäre Lukaschenko, den sie in Minsk Batjka – Väterchen – nennen, wohl auch bei einer ehrlichen Auszählung nicht zu nehmen gewesen. Den Regeln des Genres entsprechend, reicht ein solches Ergebnis natürlich nicht. Wer sich als "Vater der Nation" feiern lässt, dessen Wahlergebnis muss einen breiten Konsens der Arbeiter und Werktätigen demonstrieren, und so ließ sich Lukaschenko eben 83,5 Prozent der Stimmen gutschreiben.

Angesichts der schweren Wirtschaftskrise im Land ist das Ergebnis für Außenstehende völlig unglaubhaft und in Anbetracht der Tatsache, dass mehr als 40 Prozent der Abstimmenden ihr Kreuz angeblich schon vor dem Wahltag gemacht haben sollen, ist auch unschwer zu erkennen, wo der größte Spielraum für Manipulationen lag. Doch Lukaschenkos Logik lässt sich nicht mit westlichen Maßstäben erklären. Ein schlechteres Ergebnis hätte für Lukaschenko nur das Eingeständnis eigener Schwäche bedeutet.

Schwäche zu zeigen bedeutet für einen Autokraten, die eigene Macht zu untergraben. Wer immer aus der Position der Stärke heraus regiert hat, kann nicht plötzlich Kompromisse machen. Lukaschenko ist im eigenen System gefangen. Fallen die Sanktionen des Westens, liegt das nicht an den Fortschritten bei der Wahl. Die wird Lukaschenko nämlich auch in fünf Jahren gewinnen – dann wohl mit 84 Prozent. (André Ballin, 12.10.2015)