Man solle bei den Schulen endlich davon wegkommen, bildende Kunst und Musik gegeneinander auszuspielen, meint Ulrike Sych. Kooperationen zwischen Schule und Uni möchte sie ausbauen.

Foto: Sabine Hauswirth

Wien – Den Campus kennt sie wie ihre eigenen vier Wände. Ulrike Sych, seit Oktober neue Rektorin der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw), führt merklich stolz über das Gelände am Anton-von-Webern-Platz 1. Laufend wurde die Uni seit 2004 zu einem stattlichen Campus ausgebaut. Bei Sych schwingt aber auch Erleichterung mit, denn die Kür zur Rektorin verlief turbulent. Unirat und Senat waren sich uneins über die Besetzung. Der Unirat wollte zunächst mit Regula Rapp jemanden von außen. Das Gremium aus dem Haus setzte sich aber letztlich durch. Kommentieren will Ulrike Sych das nicht mehr. "Gegessen", sagt sie, man solle nach vorne blicken.

Seit 26 Jahren ist die gebürtige Salzburgerin an der mdw. Nach einem Start als Gesangspädagogin wuchs sie in die Unileitung sukzessive hinein, zunächst über den Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen. "Antidiskriminierung war immer mein Thema. Die Genderpolitik an diesem Haus habe ich richtungsweisend mitgestaltet", sagt Sych. Unter Werner Hasitschka, dem scheidenden Rektor, wurde sie Vizerektorin, zunächst für Lehre, Wissenschaft und Forschung, später für zentrale Ressourcen, wo sie für Personalangelegenheiten der mehr als 1000 Mitarbeiter, Gebäude und Umbauten zuständig war.

Der Entschluss, Rektorin werden zu wollen, sei aufgrund des regen Zuspruchs aus dem Haus gefallen. Was sie sich vornimmt, ist ein "transparenter Führungsstil", "gute Gesprächskultur auf Augenhöhe nach innen und außen". Selbiges erwarte sie auch von ihren vier Vizerektorinnen und -rektoren. Ein runder Besprechungstisch sei schon bestellt, sagt Sych, "das ist auch ein Zeichen der Gleichrangigkeit".

Als ersten Vizerektor holte sie den Kulturmanager Christian Meyer ins Boot, der als Gründungsdirektor 18 Jahre lang das Arnold-Schönberg-Center geleitet hatte. "Er ist die beste Wahl für die Außenbeziehungen, weil er ein riesiges Netzwerk mit den größten Kultureinrichtungen der Welt hat", sagt Sych, die damit auch ein Stück weit dem Unirat entgegenkommt. Meyer soll auch Marketingerfahrung einbringen. Mit rund 1000 Veranstaltungen pro Jahr sei die mdw der größte Veranstaltungsort Österreichs. Das gelte es zu kommunizieren.

3600 Bewerber jährlich

Mehr hervorheben will man auch die Leistungen ehemaliger Studenten. Kirill Petrenko, der u. a. bei Sych studierte, erhielt die wohl attraktivste Chefdirigentenstelle der Welt (bei den Berliner Philharmonikern). Stefanie Reinsperger, Absolventin des Reinhardt-Seminars, wurde Schauspielerin des Jahres, Patrick Vollrath, der an der mdw Film studierte, erhielt 2015 den Studentenoscar. "Unsere Drop-out-Quote ist eigentlich eine Job-in-Quote", sagt Sych. Viele Studierende würden bereits vor dem Abschluss in tolle Berufe geholt. Da aber international, trotz Exzellenz, auch formale Abschlüsse zunehmend gefordert seien, will die Rektorin das berufsbegleitende Studium weiter ausbauen und erleichtern.

Der Andrang bei der mdw ist ungebrochen: 3600 Bewerber stellen sich jährlich den Aufnahmeprüfungen, nur jeder Zehnte kommt durch. Und die anderen? "Haben meist auch einen Plan B oder C – nur weil man bei uns nicht genommen wird, heißt das nicht, dass man nicht gut ist", sagt Sych. Studenten aus 86 Nationen hat man derzeit, etwas mehr als 50 Prozent sind Österreicher. Für die Verbesserung der Deutschkenntnisse möchte die Direktorin ein Sprachzentrum an der Uni einrichten. Sorgen um den heimischen Nachwuchs macht sich Ulrike Sych keine: "Ich bin da klar gegen Quoten. Nicht Nationen sind unser Thema, sondern die Kunst." Österreicher könne man etwa über verstärkte Vorbereitungskurse fördern. Aber auch bei den Schulen müsse angesetzt werden, denn die künstlerische Bildung verschwinde immer mehr. "Man sollte auch endlich davon wegkommen, bildende Kunst und Musik gegeneinander auszuspielen", fordert Sych. Ganztagsschulen sieht sie mit gemischten Gefühlen: "Es kommt auf das Kind und das familiäre Umfeld an. In jedem Fall sollte Wahlfreiheit bestehen."

Die Universität möchte indes Kooperationen mit Schulen verstärken. Auch die Lehrerausbildung für Gymnasien und Musikschulen wolle man verbessern. Für die Uni-Budgetverhandlungen im Oktober wünscht sich die Rektorin, "dass man uns zuhört und dafür sorgt, dass wir uns das weiterhin leisten können". (Stefan Weiss, 15.10.2015)