Bereits im Juli 2014 wurde das Bauprojekt am Innsbrucker Zeughausareal offiziell beschlossen. Doch zehn Mieter wehren sich vehement dagegen, dass die hübschen alten Häuser abgerissen werden.

Foto: Florian Lechner

Innsbruck – Es ist ein verstecktes Fleckchen Noblesse zwischen grauen Bauten und Wohnblocks: Wunderschöne alte Häuschen, gepflegte Gärten, Rosen ranken, Zäune rund um das Gelände schützen vor ungewollten Invasoren – noch zumindest. Das Innsbrucker Zeughausareal im Stadtteil Dreiheiligen gilt vielen als Kleinod, bald sollen dort aber anstelle der kleinen Häuser im Zuge eines Bauprojekts mehr als hundert neue Wohnungen entstehen. Innsbruck braucht leistbaren Wohnraum, argumentiert die Stadt – und da wird niemand widersprechen.

Teils geförderter Wohnbau

Umstritten ist das Vorhaben dennoch. Bis vor kurzem war das gesamte Areal Eigentum der Austrian Real Estate (ARE), einer Tochter der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Im Zuge mehrerer Umschichtungen zwischen Stadt, Land und Bund wurde das Museum Zeughaus, das dem Gelände seinen Namen gibt, dem Land überschrieben und ein anderer Teil des Areals der Stadt Innsbruck überlassen, nur das nördliche Stück gehört weiterhin der ARE – jenes, auf dem die Häuschen stehen.

Diese sollen nun abgerissen und die noch vorhandenen Mieter – hauptsächlich inzwischen pensionierte Bundesbedienstete – abgesiedelt werden. Weichen muss auch eine Privatschule, die dort ihren Standort hat, wobei dieser von Beginn an nur eine vorübergehende Nutzung des Gebäudes zugesagt wurde.

Bis zu 120 neue Wohnungen

Wie das fertige Bauprojekt aussehen soll, steht derzeit noch nicht fest – es wird erst demnächst ausgeschrieben. Jedenfalls sollen bis zu hundertzwanzig neue Wohnungen entstehen, wovon die ARE die Hälfte als freifinanzierten Wohnbau verkaufen und zwanzig Prozent "zu Bedingungen der Wohnbauförderung" vergeben möchte. Die restlichen dreißig bis vierzig Wohnungen übernimmt die Bauträgergesellschaft Neue Heimat Tirol, die dem Land und der Stadt Innsbruck gehört – auch sie werden gefördert, die Vergabe übernimmt die Stadt.

Im Frühjahr 2016 soll zu bauen begonnen werden – sofern man sich bis dahin mit den Altmietern geeinigt hat. Es geht um zehn Parteien, die durch ihre Mietverträge abgesichert sind. "Wir werden in unserer Existenz bedroht. Egal, was man uns anbietet, wir bestehen auf unser Recht, hierzubleiben. Als Bürgerin möchte ich darüber hinaus nicht, dass alles zubetoniert wird", sagt eine betroffene Anrainerin. Sie habe kein Problem damit, dass neue Häuser auf dem Areal gebaut werden – die alten müssten als "historischer Bestand" aber erhalten bleiben.

"Ich verstehe ja, dass man dort sehr schön wohnt und nicht erfreut ist, wenn man wegziehen muss", sagt der zuständige Innsbrucker Stadtrat Gerhard Fritz (Grüne). "Die Schaffung von Grünflächen und Wohnraum ist aber einfach wichtiger als die Interessen von zehn Mietern, die idyllisch leben wollen." Dort, wo derzeit die Schule angesiedelt ist, möchte die Stadt einen Park errichten. Fritz hofft auf eine baldige Einigung.

"Brauchen Mietwohnungen"

Michael Hennermann, Mitglied im Sozialpolitischen Arbeitskreis Tirol (Spak) und Chef einer an das Areal angrenzenden Teestube für Obdachlose, ist von dem Projekt nicht überzeugt: "Mehr leistbaren Wohnraum zu schaffen und die Stadt zu verdichten ist absolut wichtig und notwendig", sagt er. "Wenn die Hälfte dann als Eigentumswohnungen verkauft wird, ist das aber eine absolute Katastrophe. Wir brauchen Mietwohnungen."

Bei der Neuen Heimat Tirol zeigt man sich zuversichtlich, dass mit den Mietern demnächst eine "einvernehmliche Absiedelung" vereinbart werden kann. Offiziell beschlossen wurde das Projekt bereits im Juli des Jahres 2014. "Innsbruck hat Mietpreise wie Döbling. Gründe zu finden, um leistbares Wohnen zu ermöglichen, ist hier einfach wahnsinnig schwierig" , sagt NHT-Geschäftsführer Klaus Lugger. (Katharina Mittelstaedt, 21.10.2015)