Johann Singer (links) und Josef "Beppo" Muchitsch bestritten die "politische Debatte" im Rahmen des jüngsten Wohnsymposiums. In Sachen Zweckwidmung der Wohnbauförderung ziehen sie an einem Strang.

Foto: Robert Newald

Sie sind Nationalratsabgeordnete, aber sie sind auch immer noch Lokalpolitiker: Johann Singer, ÖVP-Bautensprecher im Parlament, ist auch Bürgermeister seiner oberösterreichischen Heimatgemeinde Schiedlberg. Und Josef Muchitsch, SPÖ-Sozialsprecher, sitzt seit vielen Jahren im Gemeinderat der Stadt Leibnitz in der Steiermark. Außerdem ist er Bundesvorsitzender der Bau-Holz-Gewerkschaft – und so verwundert es nicht, dass die beiden Politprofis die "politische Debatte" auf dem Wohnsymposium auch jeweils in mehreren Rollen bestritten.

Singer berichtete etwa, dass es in seinem Bürgermeisterdasein "immer wieder" vorkomme, dass es zwar Geld für Wohnbauprojekte gebe, aber die Mittel für die begleitende Infrastruktur fehlten. Auf die Frage von Moderator Gerfried Sperl, ob er damit vielleicht nur den Bau von "noch mehr Kreisverkehren" meine, erwiderte der VP-Abgeordnete: "Ich rede von einer ordentlichen Erschließung von Wohngebieten. Dazu gehören nicht nur Straßen, sondern auch Spielplätze, um diese Wohnungen für die Menschen lebenswert zu machen."

Wohnbeihilfen ins Sozialbudget

Dass solche Maßnahmen in der jüngeren Vergangenheit – mangels Zweckwidmung – oft aus den Mitteln der Wohnbauförderung finanziert wurden, passt wiederum Muchitsch ganz und gar nicht. "Ich bin nicht der Meinung, dass wir mit Wohnbaugeldern zusätzliche Dinge mitfinanzieren sollten. Da kommt bei Herrn Singer wohl der Bürgermeister durch."

Fakt sei, dass man aktuell in den Ballungszentren "jeden Euro" für den Wohnbau benötige. Von den eigentlich verfügbaren 2,7 Milliarden Euro an Wohnbauförderung (Bundes- und Landesmittel sowie Rückflüsse) würden ohnehin nur 2,4 Milliarden übrig bleiben, weil 360 Millionen Euro jedes Jahr für Wohnbeihilfen ausgegeben werden. Diese hätten seiner Meinung nach übrigens nichts im Wohnbudget zu suchen, "die gehören ins Sozialbudget", so der SP-Abgeordnete.

Jedenfalls würden schon die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um den Bedarf an Wohnungen bis 2030 decken zu können. In Anlehnung an den Titel des Wohnsymposiums "Steuergeld oder Sparschwein", in dem es auch um das "Anzapfen" privater Mittel für den Wohnbau ging, hielt Muchitsch deshalb fest: "Ich würde wirklich versuchen, das Sparschwein auf die Baustelle zu bringen und dort zu schlachten. Wir brauchen dieses zusätzliche Geld."

Wohnbauförderung zweckgewidmet

Die Wohnbauförderung wünschen sich ohnehin beide Politiker wieder zweckgewidmet. Muchitsch wies darauf hin, dass er gemeinsam mit Singer bei den letzten Koalitionsverhandlungen erreicht habe, dass die Wiedereinführung der Zweckbindung – auch der Rückflüsse, was "sehr schwierig" gewesen sei – nun im Regierungsübereinkommen stehe. "Und nun gehe ich davon aus, dass wir jetzt einen Finanzminister haben, der das mit aller Kraft, Größe und Stärke bei den Finanzausgleichsverhandlungen umzusetzen versuchen wird", so Muchitsch.

In der Vergangenheit habe man einen großen Fehler gemacht, so der SP-Nationalrat weiter: "Wir haben uns viel zu wenig gewehrt, als man uns die Zweckbindung Stück für Stück weggenommen hat." Würde man der Arbeiterkammer die AK-Umlage von 0,5 Prozent wegnehmen oder würde ein Krankenkassenbeitrag nicht mehr bei den Krankenkassen landen – "dann gute Nacht", so Muchitsch. "Bei der Wohnbauförderung ist aber genau das passiert."

Dass dieser "Fehler" wieder repariert werden könne, glaubt auch Singer – auch wenn er sich dazu nicht so wortreich äußerte wie Muchitsch. Man habe nun dieses Regierungsprogramm, "und das werden wir bei den Finanzausgleichsverhandlungen einbeziehen".

Miete oder Eigentum

Uneinig waren sich die beiden bei der Frage, ob es mehr Miet- oder mehr Eigentumswohnungen im geförderten Wohnbau geben solle. "Mehr Miete als Eigentum", sagte Muchitsch, denn oberstes Ziel müsse es sein, zuerst einkommensschwache Haushalte wohnzuversorgen. "Wenn man dann noch Spielraum hat, kann man auch die anderen bedienen."

Singer strich die Vorteile von Eigentum hervor: "Es ist einerseits in den Bedürfnissen der Menschen drin, und andererseits nützt Eigentum auch im Alter." Ein "gemeinsamer Kompromiss" lasse sich aber wohl auch in dieser Frage finden, zeigte sich der VP-Nationalrat überzeugt.

In seiner Funktion als Bau-Gewerkschafter ließ Muchitsch dann auch ein solches Entgegenkommen durchblicken: Eigentumsförderung müsse auch dazu dienen, Wertschöpfung im Land zu halten. "In manchen Ländern gewähren wir Förderungen, ohne überhaupt eine Rechnung zu verlangen, also ohne zu schauen, ob das Geld in diesem Land bleibt, ob damit Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert werden. Das ist ein Riesenproblem." Den "Sanierungsscheck" nannte er als Positivbeispiel.

Geplante Wohnbauinvestitionsbank

Bei den Baukosten ist für Muchitsch generell "einiges aus dem Ruder gelaufen". Nehme man Förderung in Anspruch, habe man höhere Baukosten als ohne Förderung. "Wir haben uns von manchen Ökoträumern in eine Ecke treiben lassen, aus der wir nicht mehr rauskommen."

Was die geplante Wohnbauinvestitionsbank bzw. deren Krisenfestigkeit betrifft, sagte Singer, es sei wichtig, "dass unsere Spitzeninstitute in diesem Konstrukt mit dabei sind. Damit ist schon gewährleistet, dass diese Bank auch die entsprechende Qualität hat, um eventuelle Krisen zu überstehen." Auch Muchitsch zeigte sich überzeugt davon, dass das geplante Konstrukt – mit einigen heimischen Großbanken als Träger – funktionieren werde, "weil die besten Leute an diesem Modell mitgewirkt haben". (mapu, 21.10.2015)