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Anspruchsberechtigt aufgrund der Mandate: Johann Gudenus kann Vizebürgermeister werden – Anspruch auf die Zuweisung einer entsprechenden Regierungsverantwortung hat er nicht.

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Wien – Johann Gudenus hat gute Aussichten auf einen Posten, den zuletzt Erhard Busek im Jahr 1978 errungen hat: Nach aktuellem Stand der Wiener Landesverfassung und dem Wahlergebnis steht der FPÖ jetzt (wie der ÖVP im Jahr 1978) der Sessel des Vizebürgermeisters zu.

Ein Anspruch auf irgendwelche Zuständigkeiten, auf eine exekutive Tätigkeit in der Stadtverwaltung, ist damit allerdings nicht verbunden.

Schwierige Verfassungslage ...

Das hat mit einem Kuriosum der Wiener Stadtverfassung zu tun: Deren § 34 sieht vor: "Im Gemeinderat vertretene Wahlparteien haben nach Maßgabe ihrer Stärke Anspruch auf Vertretung im Stadtsenat." Die Mitglieder des Stadtsenats, nach derzeitiger Rechtslage zwölf Stadträte, haben in der Gemeindeverwaltung und der Landesregierung Sitz und Stimme. Aber nicht alle haben Anspruch darauf, auch an einer Exekutivfunktion beteiligt zu werden.

In der abgelaufenen Legislaturperiode teilten sich sieben rote Regierungsmitglieder unter Führung von Michael Häupl mit der Grünen Maria Vassilakou die Regierungsgeschäfte, die FPÖ stellte drei, die ÖVP einen "nicht amtsführenden" Stadtrat.

... wie in einer Kleingemeinde

Ein Zustand, der schon seit längerer Zeit für Unmut sorgt – wobei alle Anläufe, ihn zu ändern, bisher gescheitert sind. Denn eine Neuregelung bedürfte nicht nur einer Änderung der Wiener Stadtverfassung, sondern auch der Bundesverfassung (BVG). Diese sieht im Artikel 117 nämlich zwingend vor, dass in einem Gemeindevorstand die im Gemeinderat vertretenen Parteien ebenfalls vertreten sein müssen – und das gilt für Kleingemeinden genauso wie für die Bundeshauptstadt, deren Gemeindevorstand gleichzeitig Landesregierung ist.

Die grüne Verfassungssprecherin Daniela Moser hat im Frühjahr einen Antrag auf entsprechende Änderung des BVG gestellt, nach kurzer Debatte im Verfassungsausschuss des Nationalrats am 23. Juni wurde die Behandlung auf die Sitzung am 9. November vertagt. Was in die Phase der Bildung der neuen Wiener Stadtregierung fällt.

Nur Neos und Grüne gegen Proporz

Vor dem Sommer waren jedenfalls nur die Neos auf der Linie der Grünen – die Freiheitlichen, die durch ihren Wahlerfolg nun mehr nicht amtsführende Stadträte bekommen sollten, haben schon im Juni die derzeitige Praxis als "gute Tradition bezeichnet, weil sie alle wesentlichen Kräfte einbindet", wie die Parlamentskorrespondenz aufgezeichnet hat.

Die ÖVP, die in den vergangenen Jahrzehnten im Wiener Gemeinderat zumeist die Oppositionsbank gedrückt hat, will ebenfalls weiter "kontrollierende" Stadträte haben – nur durch sie kann nämlich Einblick in Regierungsakten genommen werden. In einem Punkt trifft sie sich mit der SPÖ: Sie will, dass die Gemeinde Wien keinesfalls schlechter als andere Gemeinden gestellt wird. (Conrad Seidl, 29.10.2015)