Wien – Die Wiener Stadtregierung ist eine Mischform aus Proporz- und Oppositionssystem, weil der Stadtsenat dem Modell von kleineren Gemeinden nachgebildet ist. Das Prinzip, alle Parteien ab einer gewissen Größe an der Regierung zu beteiligen, hat es aber bis vor wenigen Jahren in fast allen Bundesländern gegeben.

Und es herrscht weiter in Niederösterreich, Oberösterreich und Kärnten. In Klagenfurt wird allerdings am Donnerstag eine neue Landesverfassung im Landtag debattiert – nach deren Beschluss im kommenden Jahr ist auch dort der Proporz Geschichte.

Die Landeshauptmann-Partei schafft an

Das Proporzsystem hat als Grundlage, dass Regierungsbeschlüsse (anders als in der Bundesregierung, wo das Einstimmigkeitsprinzip herrscht) mit Mehrheit gefasst werden. Das heißt, dass eine Landeshauptmann-Partei mit absoluter Mehrheit (ÖVP in Niederösterreich) oder eine Koalition (Schwarz-Blau in Oberösterreich) das Regierungsprogramm und die Ressortaufteilung beschließen kann. Für Landesräte aus anderen Parteien bleiben dann eher unbedeutende Ressorts (etwa Soziales und Integration für den oberösterreichischen SP-Landesrat Reinhold Entholzer), für deren Vorhaben und Budgets sie quasi als Bittsteller zu den Mehrheitsparteien kommen müssen.

Kontrollfunktion

Verfechter des Proporzes sind dennoch der Meinung, dass eine Oppositionspartei, die Vertreter in der Regierung hat, auch besser kontrollieren könnte. Die Wiener FPÖ argumentiert zudem, dass der SPÖ-dominierte Gemeinderat den blauen Regierungsvertretern ja bloß Exekutivfunktionen übertragen müsse – dann hätten die nicht amtsführenden Stadträte gleich auch Amt und Verantwortung.

In den anderen Bundesländern ist man vom System, die Opposition mit mehr oder weniger Goodwill mitregieren zu lassen, abgegangen. Vorarlberg hatte schon seit 1923 ein System der Mehrheitsregierung, Tirol und Salzburg warfen 1998 die Opposition aus der Regierung, Burgenland und die Steiermark heuer. (Conrad Seidl, 29.10.2015)