Wien – Von deutschen Zuständen kann die österreichische Regierung nur träumen. Die Arbeitslosigkeit ist im Nachbarland im Oktober auf den niedrigsten Stand seit 24 Jahren gesunken. Hierzulande hat man es von Monat zu Monat mit steigenden Zahlen zu tun. Beim Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsgipfel am Freitag soll beraten werden, wie man wieder so viel Wirtschaftswachstum erzeugen kann, damit die Arbeitslosenzahlen zurückgehen.

Leicht wird das freilich nicht. Das Wifo rechnet in seinen aktuellen Prognosen damit, dass die Arbeitslosigkeit erst 2017/2018 nicht weitersteigen wird. Zwar sind heute nicht mehr so hohe Wachstumsraten wie früher nötig, um eine Trendumkehr zu erreichen (als Faustregel galten 2,5 Prozent). Wegen Beschränkungen bei den Frühpensionen, der steigenden Frauenerwerbsquote und des Zuzugs aus dem Ausland würde aber laut Wifo-Experte Marcus Scheiblecker auch ein Wachstum von 1,5 Prozent im nächsten Jahr nicht reichen, um die Arbeitslosigkeit zu senken.

Am Donnerstag standen die finalen Verhandlungen an. Am Freitag laden Kanzler und Vizekanzler zum Job- und Wirtschaftsgipfel.
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Mehr Mittel für AMS

Auf der Wachstumsseite setzt die Regierung vor allem auf eine Wohnbauoffensive und die Senkung der Lohnnebenkosten um rund eine Milliarde Euro. Im Gespräch war am Donnerstag aber auch eine weitere Aufstockung der Mittel für das Arbeitsmarktservice (AMS). Zusätzliche 250 Millionen Euro für die Zielgruppe 50 plus wurden bereits für die Jahre 2016 und 2017 vereinbart, ebenso 70 Millionen für die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen. Nun ist von 350 Millionen Euro im Dauerrecht die Rede.

Gerungen wurde auch noch um ein Bonus-Malus-System zur Erhöhung der Beschäftigung Älterer. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner deponierte allerdings, vor der Einführung noch ein "Monitoring" abwarten zu wollen. Als Alternative dazu stand eine höhere Kündigungsabgabe (quasi ein Malus) beziehungsweise eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für ältere Arbeitnehmer (eine Art Bonus) im Raum.

Leichterer Arbeitsmarktzugang

Auf der Tagesordnung des Gipfels steht natürlich auch die Flüchtlingsfrage. Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) sprach sich im Vorfeld noch einmal explizit für einen leichteren Arbeitsmarktzugang von Asylwerbern aus. Hier gibt es eine gemeinsame Linie der Sozialpartner: Nach sechs Monaten sollen sich Asylwerber für Stellen bewerben dürfen, für die das AMS niemanden findet (Ersatzkräfteverfahren).

Sozialminister Rudolf Hundstorfer hat sich zwar bereits offen für die Diskussion gezeigt, am Freitag ist laut seinem Büro aber noch nicht mit einem Beschluss zu rechnen. Hier will man die Debatte auf EU-Ebene abwarten. Auf Schiene gebracht werden soll dafür die bereits im September angekündigte Lehrlingsoffensive. Vor allem in die westlichen Bundesländer will man jugendliche Flüchtlinge in die Gastronomie und Hotellerie vermitteln.

Wie viele offene Stellen gibt es

Unabhängig von den Lehrlingen stellt sich aber natürlich die Frage, wie viele Jobs überhaupt für Asylwerber infrage kämen. Zwar gibt es mehr als 50.000 beim AMS gemeldete offene Stellen – diese Zahl allein sagt aber noch wenig aus.

Ein näherer Blick in die Statistiken des AMS zeigt: 75 Prozent aller angebotenen Jobs werden binnen 30 Tagen besetzt, weitere 22 Prozent innerhalb von drei Monaten. Länger als 90 Tage bleiben nur drei Prozent unbesetzt. Oder in absoluten Zahlen: 252.971 offene Stellen wurden heuer bis September binnen 90 Tagen besetzt, länger sind nur 8.809 Stellen offen geblieben.

Auch bei den sogenannten Mangelberufen (sie werden vom AMS definiert) halten sich die Chancen für Flüchtlinge in überschaubaren Grenzen. Im September gab es 1.775 offene Stellen in diesen 18 Berufen (zum Beispiel Dreher, Fräser, Schweißer), aber auch 1.809 Arbeitslose.

Zum Vergleich: Allein heuer werden 85.000 Flüchtlinge erwartet. Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl plädierte am Donnerstag daher auch dafür, Asylwerber verstärkt im gemeinnützigen Bereich einzusetzen. (Günther Oswald, 29.10.2015)