Wenn der Präsident der Richtervereinigung Postenschacher durch den Justizminister vermutet, ist das kein gutes Zeichen. Vor allem, wenn er, wie Werner Zinkl, konkrete Beispiele nennt. Ein Platz im Oberlandesgericht Wien wurde durch eine Frau besetzt, die vom Personalsenat, der die Vorschläge macht, nur an dritter Stelle gereiht war. Und in Wiener Neustadt soll extra ein zweiter Vizepräsidentenposten geschaffen worden sein, da sich Justizminister und Bundespräsident nicht auf einen Kandidaten einigen konnten.

Das Ministerium dementiert die Vorwürfe: Im ersten Fall sei es um Gleichbehandlung gegangen, die Richterin sei ebenso gut qualifiziert gewesen wie ihre männlichen Konkurrenten. Beim zweiten Fall mutet die Erklärung seltsamer an: Man habe zwei zusätzliche Vizepräsidentenposten bekommen, die man ohnehin aufteilen musste.

Fairerweise muss man sagen, dass die behördliche Postenbesetzung transparenter als in den meisten privaten Betrieben ist. Man kann im Internet sehen, wie viele Männer und Frauen sich beworben haben, wer in der Personalkommission gesessen und wer es schließlich geworden ist.

Das Problem wäre daher recht einfach zu lösen: Halten sich Minister oder Bundespräsident nicht an die Einschätzung des Senates, sollte ihre Begründung ebenso dort öffentlich gemacht werden. Transparenzpflicht hilft beim Fällen eines Urteils nämlich manchmal.
(Michael Möseneder, 1.11.2015)