Wien – Ein jüngst in der "Financial Times" (FT) veröffentlichter Artikel hatte in Wien für einige Irritation gesorgt. Der darin erhobene Verdacht: Bei Pieter Bruegel d. Ä. "Kampf zwischen Fasching und Fasten" aus dem Kunsthistorischen Museum (KHM) könne es sich um jenes Werk handeln, das während des Nazi-Regimes 1939 aus einem Museum in Krakau verschwand. Hinweise darauf fänden sich in jüngst aufgefundenen Dokumenten und es stünde wohl ein Disput zwischen polnischen und österreichischen Institutionen bevor. Innerhalb kürzester Zeit kursierten gleichlautende Berichte in internationalen Medien.

Jedoch befindet sich das KHM-Gemälde seit 1748 durchgehend im Bestand und bei dem in Polen vermissten handelt es sich um eine von 18 von Sohn Pieter Brueghel d. J. geschaffenen Versionen des gleichen Motivs.

Auf STANDARD-Anfrage wird dies jetzt vom polnischen Kulturministerium und dem Nationalmuseum in Krakau bestätigt: Die Gemälde seien nicht identisch, die Einleitung eines Rückgabeverfahrens damit gegenstandslos.

Übersetzungsfehler

Die "FT" hatte weiters den stellvertretenden Kulturminister Polens, Piotr Zuchowski zitiert, der von österreichischen Behörden eine vollständige Untersuchung fordern würde, die jedweden Zweifel beseitigen soll. Auf Nachfrage erklärt das Ministerium, dass es sich hierbei um ein Missverständnis handelt, dem eine ungenaue Übersetzung zugrunde gelegen sei.

Entgegen der seitens der "FT" formulierten Behauptung ("Poland will ask Austrian authorities for a full investigation into the painting to determine whether or not it once hung in Krakow's museum") hatte Zuchowski in einem Interview mit der polnischen Tageszeitung "Rzeczpospolita" eine vergleichende Analyse angeregt, konkret eine "Gegenüberstellung des Wien-Bildes mit der erhalten gebliebenen Fotografie des Krakauer-Bildes".

"Neue" historische Dokumente

Und die jüngst aufgefundenen historischen Dokumente, die zum Raubkunstverdacht führten? Dabei handelt es sich STANDARD-Recherchen zufolge tatsächlich um einen 2014 veröffentlichten wissenschaftlichen Beitrag von Diana Blonska, der Leiterin des Archivs des Nationalmuseums in Krakau – und nicht dessen Direktorin, wie in der "Financial Times" behauptet. Im Beitrag wird auch die Ehefrau des österreichischen Nationalsozialisten Otto Wächter, von November 1939 bis Ende 1942 Gouverneur des Distrikts Krakau, erwähnt. Sie dürfte beim Verschwinden von Kunstwerken aus dem Krakauer Museum eine Rolle gespielt haben. Blonska ist überzeugt, dass einige dieser Güter in Wien auf den Markt gelangte. Das Breugel-Bild des KHM habe sie, wie sie auf Anfrage betont, in diesem Zusammenhang gar nie erwähnt. (Olga Kronsteiner, 2.11.2015)