Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!

Seit ihrem Aufkommen steht die Krise um die Flüchtlinge und irreguläre Immigration auf einer Top-Position in der Agenda der Europäischen Union, die EU-Institutionen haben dazu inzwischen Schlüsselmaßnahmen identifiziert. Unsere Fraktionen haben im Europäischen Parlament die Vorschläge der Europäischen Kommission mit überwältigender Mehrheit unterstützt.

Weil die Herausforderungen durch die Migrationskrise von allen betroffenen Ländern (sowohl Herkunfts- als auch Zielländern) in enger Partnerschaft angegangen werden müssen, ist es unserer Ansicht nach vor dem Gipfel in La Valletta essenziell, dass wir unsere Bemühungen kalibrieren und den Dialog mit der Afrikanischen Union und den afrikanischen Ländern verstärken. Ein gemeinsamer Zugang und die geteilte Verantwortung in Bezug auf die kritischen Themen, die sowohl Afrika als auch Europa betreffen, sollen die Basis für diesen verstärkten Dialog sein.

Als Fraktionsführer der politischen Gruppen, die eine gemeinsame europäische Antwort aus der Verbindung verschiedener Handlungsfelder unterstützen, ermutigen wir Sie, im Geiste konstruktiver Zusammenarbeit unsere mit Afrika bereits getroffenen Übereinkünfte mit Entwicklungszusammenarbeit zu unterstützen. Denn damit werden die Wurzeln und Ursachen erzwungener Vertreibung und irregulärer Migration in und aus Afrika angesprochen.

Geld und Expertise

Gleichzeitig sehen wir einen starken Bedarf darin, mehr Expertise und Geldmittel für jene afrikanischen Länder bereitzustellen, die daran interessiert sind, mit der Europäischen Union zu kooperieren: speziell im Bereich eines besseren Migrations- und Grenzmanagements, unter voller Wahrung der Menschenrechte und fundamentalen Freiheiten der Migranten und mit Blick auf verbesserte Schutz- und Empfangskapazitäten. Der "EU-Notfonds für Stabilität und zur Bekämpfung der Wurzeln von Migration und Vertreibung in Afrika", der während des Gipfels in La Valletta präsentiert werden soll, ist das richtige Werkzeug, um dieses Ziel zu erreichen.

Potenzial nutzen

Und schließlich müssen wir das ungenutzte Potenzial des afrikanischen Kontinents anzapfen: indem wir sozioökonomische Entwicklung fördern, Jobmöglichkeiten schaffen (insbesondere für die Jugendlichen) und Bildungspartnerschaften ausweiten. Das sind die Zusatzmaßnahmen, die in La Valletta zur Beschlussfassung stehen.

Die Union kann sich keinen weiteren Fehlschlag oder Zeitverlust leisten. Wir zählen auf Ihre Unterstützung, auf dass beim kommenden, entscheidenden Gipfeltreffen eine zusammenhängende Lösung gefunden werden kann, die Afrikas wohlverdiente Rolle als Partner der Europäischen Union reflektiert. (Manfred Weber, Gianni Pitella, Guy Verhofstadt, 9.11.2015)