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Umweltorganisationen befürchten, dass beim großen Klimagipfel im Dezember keine verbindlichen Ziele herauskommen, sondern nur schöne Erinnerungsfotos aus Paris.

Foto: AP / Jacques Brinon

In Paris endete am Dienstag ein vorbereitendes Treffen zur anstehenden Klimakonferenz (COP21) mit einem Appell des französischen Außenministers Laurent Fabius, verbindliche und finanziell ehrgeizige Ziele festzulegen. Vor 60 Umweltministern und zehn weiteren Länderdelegationen erklärte der Gastgeber, eine Einigung sei noch nicht unter Dach und Fach. Er deutete an, dass eine Übereinkunft über die finanziellen Transferzahlungen der Industriestaaten an die ärmeren, oft stärker in Mitleidenschaft gezogenen südlichen Länder möglich sei. Bindende Maßnahmen für alle hätten es hingegen schwer.

Umweltschützer befürchten, dass das "Abkommen von Paris" mehr Absichtserklärungen als zwingende, das heißt mit Sanktionen belegte Beschlüsse enthalten werde. Offiziell wurde bei dem zweitägigen Treffen nicht über die Klimaziele verhandelt. Hinter den Kulissen feilschten die Umweltminister aber weiter um die Formulierung der zentralen Absicht, den CO2-Ausstoß auf maximal zwei Grad bis zum Jahrhundertende zu beschränken. Ein vertraulicher "Draft" (Projektentwurf) lässt mehrere Varianten offen: "unter zwei Grad", "unter 1,5 Grad", "klar unter zwei Grad", "unter zwei oder 1,5 Grad" oder "so weit wie möglich unter zwei Grad".

Warnung

Wie wichtig die Frage ist, verdeutlichte am Montag ein Bericht des Instituts Climate Central. Zu Bildern von teilweise überfluteten Städten wie Schanghai, New York, London oder Hongkong rechnete die US-Organisation vor, dass langfristig – in etwa 200 Jahren – mit solchen verheerenden Folgen zu rechnen sei, selbst wenn die Temperaturerhöhung nur zwei Grad betrage. Schon heute hat die Konzentration von Treibhausgasen einen neuen Höchststand erreicht, wie die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) gleichentags angekündigt hat. Bald wären auch die sozialen Folgen einschneidend: Laut der Weltbank würde die Klimaerwärmung bis 2030 mehr als hundert Millionen Menschen zusätzlich in die "extreme Armut" treiben – sei es durch die Erhöhung des Meeresspiegels oder andere Phänomene.

Vergangene Woche hatte das Uno-Programm für Umweltschutz (Unep) seinerseits Alarm geschlagen. Es begrüßt zwar die zahlreichen nationalen Programme, welche die CO2-Emissionen bis 2030 um immerhin sechs Gigatonnen senken dürften. Um das offizielle Ziel von zwei Grad Klimaerwärmung bis 2100 zu erreichen, müssten aber bereits bis 2025 weitere fünf Gigatonnen eingespart werden, rechnet das Unep vor. Die Uno-Experten schätzen daher, dass die heutigen Anstrengungen eher auf eine Erwärmung von drei Grad hinauslaufen würden. Diese Schwelle gilt als gefährlich für das gesamte Ökosystem des Planeten.

Zeit läuft davon

Laut den Meteorologen der WMO ist der sogenannte Strahlungsantrieb durch Gase wie CO2, Methan (CH4) und Distickstoffmonoxid (N2O) – eine Maßeinheit für den Treibhauseffekt – zwischen 1990 und 2014 um 36 Prozent gestiegen. Die Gase stammen unter anderem aus Industrie, Landwirtschaft und Autoverkehr. Bis 2013 hatte die UN-Sonderorganisation eine Steigerung um 34 Prozent verzeichnet. Der weitaus größte Teil sei durch CO2-Ausstoß verursacht. Als Hauptursache gilt der Verbrauch fossiler Brennstoffe wie Kohle, Gas und Öl.

"Jedes Jahr warnen wir, dass uns die Zeit davonläuft. Wir müssen jetzt endlich handeln, um die Emissionen von Treibhausgasen einzudämmen, wenn wir noch eine Chance haben wollen, die Temperaturerhöhung der Erde in erträglichen Grenzen zu halten", appellierte WMO-Generalsekretär Michel Jarraud unter Verweis auf Messwerte der US-Wetterbehörde NOAA. Danach hat die weltweite Konzentration von CO2 im Frühjahr 2015 den Durchschnittswert von 400 ppm (parts per million, Teilchen pro Million) überschritten. Dieser Wert gilt unter Forschern als "bedeutender Meilenstein" auf dem Weg zu einer gefährlichen Klimaveränderung. (Stefan Brändle aus Paris; 11.11.2015)