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Trotz Beinbruchs auf Welttournee: Dave Grohl und die Foo Fighters rockten ihre bekanntesten und beliebtesten Rocksongs in der ausverkauften Wiener Stadthalle.

Foto: AP/Greg Lehman

Wien – Rock 'n' Roll galt einmal als Musik der Enthemmung. Dazu ging man ausschweifen, die Zügel loslassen oder nachts die Sonntagszeitungen aus den Tragtaschen nehmen und in der Gasse verstreuen. Es war die Zeit, in der man Mercedes-Sterne noch aus antikapitalistischen Gründen abriss und nicht, weil man einfach fetzendeppert war. Wobei man sagen muss: Wenn ein BMW einen Stern hätte, wäre das auch heute noch ein Trendsport. He, man wird noch was sagen dürfen!

Mit Rock 'n' Roll wurden jedenfalls die niedrigsten Instinkte angesprochen: Hunger, Durst, Vandalismus, Sex. Er diente je nach Veranlagung der Kundschaft zum Aggressionsauf- und -abbau. Böse war gut, umgekehrt auch. Unreife Vollkoffer ließen sich mit ihren Gitarren in Privatjets herumfliegen und tranken irgendein Gschlader aus High Heels von Lebensabschnittstagespartnerinnen. Das Haupthaar war lang – aber bald ging der Saft aus.

Ungefähr zu dieser Zeit spielte Dave Grohl in Hardcorebands das aus reiner Zerstörungslust amoklaufende Ding aus der Muppet Show am Schlagzeug. Schlagzeuger sind das real existierende Klischee in der Musikszene.

Nach der Destruktion kamen schließlich mit Nirvana die Selbstzerstörung und der Sodbrand, Selbsthass und Selbstmitleid wurden hitparadentauglich. Die Sehnsucht aber, total loszurocken und einfach eine wirklich gute Zeit und gute Laune zu haben, auch wenn man leider nicht der deswegen schon tote Schlagzeuger von Led Zeppelin ist, die war in Dave Grohl nie klein- und unterzukriegen.

Nach dem Blümchensex-Lalelu-Rockdebüt seiner Band Foo Fighters von 1995 hat sich Grohl auf mittlerweile acht Studioalben über die Jahre zu einem der beliebtesten Rock-Rocker im Studenten- und Angestelltenmilieu entwickelt. Mit einer zunehmenden Hinwendung zum breitbeinig mit durchgedroschenen Grundakkorden Sportstadien, Junggesellenpartys und bayerische Mistwagen rockenden Goodtime-Vollrock kommt Grohl aufgrund seiner Sympathiewerte trotzdem flockig-rockig damit durch.

In der ausverkauften Wiener Stadthalle wird zudem klar, dass es heutzutage auch nichts schadet, wenn man krank am Arbeitsplatz erscheint. Dave Grohl hat sich das Bein gebrochen, aber mit einem Messer im Rücken geht der noch lange nicht nach Hause, sondern ohne Pause weiter auf Tour. So viel Einsatz wird in einem Gewerbe, das die nicht so fleißigen Leute einst anstrebten, damit sie nicht arbeiten gehen mussten, euphorisch gefeiert.

Geboren, um zu rocken

Dave Grohl sitzt auf einem als einfacher Schienenverkehr in die Saalmitte betriebenen und reichlich kindisch mit Gitarrenhälsen geschmückten Thron. Er untermauert mit vierköpfiger Begleitband einen gusseisernen Grundsatz des rockigen Rockens: Wenn du wirklich rockig rocken willst, musst du volle Wäsche rocken.

Es macht zwischen den Liedern eins, zwei, drei, vier. Dann zieht ein Tsunami aus wahnsinnig rockig rockenden Gitarren auf. Die Dynamik schenken wir uns. Hey, das ist Rock! Dave Grohl schüttelt sein Haupthaar. Die Lieder tragen verschiedene Titel. Falls die Foo Fighters ein Best-of-Album haben, kann man sie dort wahrscheinlich nachlesen. Born To Rock. The Rocks Are Crying, So Hard Are You. Rocking Armageddon. Rock Me Home For Christmas. Don't Forget To Rock. This Is R.O.C.K.!

Im bayerischen Mistwagen hatten wir dann auf dem Nachhauseweg auch noch eine Mordsgaudi mit den Foo Fighters im Player. (Christian Schachinger, 12.11.2015)