Als die USA im Sommer 2014 im Irak erstmals mit Luftangriffen gegen den "Islamischen Staat" vorgingen, war einer der Gründe dafür die Tragödie, die sich in den Sinjar-Bergen abspielte. Was die Terrormiliz an der lokalen jesidischen Bevölkerung verbrach, war Genozid: Die Männer wurden umgebracht, Frauen und Kinder versklavt. Eine Gruppe Jesiden, die sich in die Berge retten konnten, musste, von Hunger, Durst und Krankheiten heimgesucht, lange ausharren, bis Rettung kam.

Sinjar, das nun zurückerobert wird – vor allem aus militärischen Erwägungen, denn die Route unterhalb der Sinjar-Berge verbindet den syrischen und den irakischen Teil des "Islamischen Staats" -, wurde aber nicht nur zum Symbol für das Wüten des IS. Mehrere brutale Fakten über die Realität in der Region wurden offenbar: Jesiden erzählten, dass nicht nur der IS, sondern auch die lokale muslimische Bevölkerung sie angriff, ihre Frauen vergewaltigte.

Und bis heute ist nicht ganz klar, warum die so hoch eingeschätzten Peschmerga der kurdischen Regionalregierung von Massud Barzani die Jesiden mehr oder weniger im Stich ließen. Hilfe kam von den ideologischen Rivalen Barzanis, den der PKK nahestehenden syrisch-kurdischen YGP-Milizen. Für die Jesiden wird, selbst wenn die letzte Spur des IS in ihren Gebieten getilgt ist, nichts mehr so sein wie früher. Ihre Religion ist für ihr Überleben wohl auf die Diaspora in Europa angewiesen. (Gudrun Harrer, 12.11.2015)