Peter Birmanns "Die Teufelsbrücke in der Schöllenenschlucht" (1805).


Repro: Albertina

Carl Blechen: "Bau der Teufelsbrücke", um 1830, eine Leihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München.

Repro: bpk, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München

Caspar David Friedrich: "Blick auf Arkona mit aufgehendem Mond", um 1805/06 aus der Sammlung der Albertina.

Repro: Albertina

"El Coloso", Nachfolge von Francisco Goya aus dem Prado in Madrid.

Repro: Albertina

Wien – Philosophie und Religion, Wissen und Glauben, Wissenschaft und Kunst – für die Romantiker gehörte das eine zum anderen, alles war eines. Das klingt in seiner romantischen Ganzheitlichkeit – Stichwort "Universalpoesie" – recht mystisch und ordnete sich tatsächlich einer verklärenden, wiederentdeckten Religiosität unter.

Religion ist Einssein des Einzelnen mit dem Unendlichen, meinte etwa Friedrich Schleiermacher, der neben Johann Gottlieb Fichte und Friedrich Wilhelm Joseph Schelling ("Alles im Universum ist beseelt") zu den zentralen Philosophen der Frühromantik zählt.

Caspar David Friedrich: "Die Lebensstufen", um 1834 (Museum der bildenden Künste, Leipzig)
Repro: bpk | Museum der bildenden Künste, Leipzig | Bertram Kober (Punctum Leipzig)

Bevor sich allerdings die beseelte See in Richtung unendlich öffnet, Nebel und Dunst schicksalhaft Felsen und Klippen umwabern und sich die Natur wie eine majestätische und zugleich uneinnehmbare Festung vor dem Menschen aufbaut, ja ihm Respekt abringt – bevor wir also zu den die Epoche am vortrefflichsten verkörpernden Arbeiten von Caspar David Friedrich kommen, zu Felsenlandschaft, Frühschnee oder Blick auf Arkona -, erinnert die Albertina noch einmal an die Zeit, als die Vernunft gewissermaßen abdanken musste.

Zerbrochenes Europa

Die Französische Revolution hatte hehre Ideale, aber auch größte Unsicherheit hervorgebracht, die Napoleonischen Kriege tobten, das Heilige Römische Reich löste sich auf, Europa zerbrach in Nationalstaaten: Rationalismus und Vernunft als Errungenschaften der Aufklärung hatten ausgedient. Nun also lieber Metaphysik. Mehr innere geistige Aufwallung als äußeres Drama.

Und so bestreitet nicht nur Goyas Radierung Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer den Auftakt zur Ausstellung Welten der Romantik, sondern auch der lange Zeit Goya zugeschriebene, furchterregende Koloss aus dem Prado: El Coloso (1810) gilt als eines der ersten Antikriegsbilder und zeigt ein vor dem den Horizont verdunkelnden Riesen, Sinnbild für die Bedrohung durch Napoleon, in Panik flüchtendes Volk.

Von dort weg geht es in Kapiteltrippelschrittchen weiter. Zunächst nach Österreich an die Wiener Akademie, wo sich die Künstler des Lukasbundes dem Wecken religiöser Empfindungen verpflichtet sahen. Sie griffen auf die Kunst aus Mittelalter und Renaissance zurück, schien ihnen dort noch eine Einheit aus Kunst, Religion und Leben zu bestehen. Ihre Meister hießen Dürer und Raffael, und sie eiferten ihnen nicht nur im Stil nach (vieles sieht aus wie aus Werken ihrer Idole zusammencollagiert). Sie trugen auch das Haar wie sie – lang und mit Mittelscheitel -, was den auch in Rom Wirkenden den Spottnamen Nazarener einbrachte.

Folgt man dieser Spur, verpasst man jedoch das Ansinnen der von Christof Metzger gemeinsam mit der im Sommer verstorbenen Cornelia Reiter (Kupferstichkabinett, Akademie) vorbereiteten Schau: protestantisch-norddeutsche Romantik und ihre katholische Spielart gegenüberzustellen. Das bedarf schärferer Trennlinien.

Schön anzusehen sind die glorifizierenden Mittelalterfantasien, von Rittern bevölkerte Sagen- und Mythenwelten, die auch als Projektionsfläche nationaler Identität dienten. Auch die Überhöhung von Gotik und Kathedrale stützte das Deutschnationale, was man bei so wunderbar irrealen Bildern wie Karl Friedrich Schinkels Schloss am Strom, einer Art Garten Eden mit Elch (?) auf der Terrasse, oder seiner geradezu surreal nah am Meer gebauten Kathedrale, gern vergessen möchte.

Die Romantik vermischte Lieder, Märchen, Poesie, Wissenschaft und Philosophie. Zu diesem lebendigen Universum fehlt der Schau ein gutes Stück. (Anne Katrin Feßler, 14.11.2015)