"Wir können alles simulieren, sogar Sex."

Foto: thriXXX software GmbH

STANDARD: Gleich vorneweg: Weiß Ihr Nachbar, was Sie beruflich machen?

Johannes H.: Nein.

STANDARD: Die Frage ist ein wenig delikat: Wenn ein neues Sex-Game entwickelt wird, sind Sie da persönlich involviert? Oder anders gefragt: Gibt's ein Lieblingsspiel für Sie?

H.: Haben Sie Bedenken, dass man diesbezüglich abstumpft?

STANDARD: Ich habe nicht die geringste Ahnung. Sagen Sie's mir doch.

H.: Ich vergleiche die Angelegenheit gern mit einem Medizinstudenten im ersten Semester. Wenn der auf der Uni seine erste Leiche vor sich sieht, sieht er die Sache anders als in dem Moment, da er seinen Sezierkurs hinter sich hat. Bei uns läuft das ähnlich. Klar ist es sehr spicy, was wir sehen, aber wir achten mehr auf die Animation, das System und die Grafik unserer Online-Games. Der technische Aspekt steht für uns weitaus stärker im Vordergrund als der erotische.

STANDARD: Woraus genau besteht Ihr Portfolio?

H.: Wir stellen Online-PC-Games zur Verfügung. Menschen können einen Charakter bauen und ihre Fantasie ausleben, sie spielen sozusagen mit Computerintelligenz. Allein für das Gesicht bieten wir 150 Einstellungen an. Weiters gibt es Multiplayer, das heißt, man spielt zwar auch mit einem virtuellen Charakter, aber im Weiteren auch mit einer echten, aber anonymen Person.

Menschen können einen Charakter bauen und ihre Fantasie ausleben.
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STANDARD: Braucht man für Ihre Spiele eine Konsole?

H.: Nein, wir haben eher das Problem, dass die Konsolenhersteller diese Art von Spielen nicht zulassen, weil sie sich damit rühmen, jugend- und kinderfreundlich zu sein. Fragt sich nur, was an den ganzen Kriegs- und Gewaltspielen wie Quake und Half-Life jugendfreundlich sein soll. Sie sehen, in dem Business gibt's viel Doppelmoral.

STANDARD: Was sagt eigentlich Ihre Frau zu Ihrem Job?

H.: Als wir starteten, haben alle Mitglieder des damaligen Teams mit ihren Partnerinnen gesprochen. Keine der Frauen hatte ein Problem damit. So konnten wir die Firma gründen.

STANDARD: Apropos Start: Wie wurde ausgerechnet ein Tiroler Unternehmen Weltmarktführer bei Porno-Games?

H.: Wir haben vor 15 Jahren für ein ausländisches Militär Flugsimulatoren gebaut. Die Firma ging leider den Bach runter, unser Kernteam wollte sich allerdings nicht auflösen, und so kamen wir dann über einen Investor in München zu einer neuen Lösung.

STANDARD: Und die hieß Porno-Games.

H.: Ja, das Ganze entstand aus einer Laune heraus. Wir sagten zu dem Investor, wir können alles simulieren, sogar Sex. Und so bekamen wir das Go für die neue Firma. Das war 2001.

STANDARD: Das ist schon ein Weilchen her. Viele Zeitgenossen wissen bis heute nicht, dass es Porno-Games überhaupt gibt.

Noch einigermaßen sittsam geht's in dieser Szene aus dem Spiel "Chathouse" zu.
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H.: Als wir loslegten, war das etwas ganz Neues. Wir haben damals bei Beate Uhse und anderen Branchengrößen angerufen und sie darüber informiert, dass wir 3-D-Sex fürs Internet anbieten. Mittlerweile sind wir etabliert.

STANDARD: Von wie vielen Usern sprechen wir denn?

H.: Sagen wir es so: Es sind genug, wir kommen gut zurecht.

STANDARD: Wer sind Ihre Kunden?

H.: Unsere demografischen Daten zeigen recht deutlich, dass unser Hauptpublikum männlich und zwischen 18 und 35 Jahren alt ist. Wir stellen aber erfreut fest, dass der Frauenanteil steigt. Wir liegen ungefähr bei 80 zu 20.

STANDARD: Zu Tirol sagt man auch gern "Heiliges Land Tirol". Hätten Sie es in Kalifornien oder sonst wo nicht einfacher?

H.: Wir profitieren sehr von der Doppelmoral der Amerikaner. Die Amerikaner haben ein Problem mit Pornografie, zumindest die großen Softwareersteller fassen diese heiße Kartoffel nicht an. Gut für uns. Unser größter Markt sind die USA. Wir haben sogar Kooperationen mit Playboy oder Hustler.

Das lässt sich per Mausklick rasch ändern.
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STANDARD: Tirol scheint mir allerdings auch nicht gerade von Doppelmoral befreit. Wird Ihr Unternehmen nicht häufig mit Sexismusvorwürfen konfrontiert?

H.: Überhaupt nicht.

STANDARD: Sie wollen nicht mit Ihrem richtigen Namen genannt werden. Steckt da nicht auch eine gewisse Doppelmoral dahinter?

H.: Diesbezüglich geht es primär um den Schutz unserer Familien. Wir stehen 100-prozentig hinter dem Produkt und führen ein erfolgreiches Unternehmen.

STANDARD: Sie hätten Angst, sonst in Richtung Schmuddelecke abgestempelt zu werden.

H.: Richtig, und das wäre unfair, denn die Software, die Technologie, die wir entwickeln, ist wirklich beeindruckend. Da steckt viel Know-how dahinter.

STANDARD: Gibt es gesetzliche Auflagen, die Sie erfüllen müssen? Wird das überwacht, was Sie zeigen?

H.: Nein, es gibt eine Jugendschutzbehörde in Deutschland, die uns Vorschläge macht, sollte etwas nicht ganz genau deren Richtlinien entsprechen. Ansonsten können wir technisch präzise verhindern, dass irgendwelche Tabus seitens der User verletzt werden.

STANDARD: Ihre Eltern wissen wohl auch nicht genau, was Sie beruflich machen ...

H.: So ist es. (Michael Hausenblas, RONDO Digital, 26.11.2015)