TWAS-Generalsekretär und Nanotechnologe Ajay Sood.

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ÖAW-Präsident und Quantenphysiker Anton Zeilinger.

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Wien – Von Anton Zeilinger, Quantenphysiker und Chef der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), ist bekannt, dass er ein gut vernetzter Mann ist. Seinen Kontakten ist es auch zu verdanken, dass vergangene Woche die diesjährige Jahreskonferenz der World Academy of Sciences (TWAS) in Wien stattfand. Rund 300 Wissenschafter aus mehr als 60 Nationen diskutierten Strategien im Zusammenhang mit Armut, Klimawandel und nachhaltiger Entwicklung.

Eigentlich hätte die Konferenz der Organisation mit Hauptsitz in Triest heuer in einem afrikanischen Land stattfinden sollen. Der Ölpreisverfall machte einen Strich durch die Rechnung und – dank der Bekanntschaft Zeilingers mit TWAS-Präsident Bai Chunli, der Chinas Akademie der Wissenschaften vorsteht – kam die Tagung an die ÖAW nach Wien. Mit Ausnahme von Triest fanden die jährlichen Treffen bisher immer in Schwellen- oder Entwicklungsländern statt.

TWAS, gegründet 1983 vom pakistanischen Nobelpreisträger Abdus Salam, hat das Ziel, den wissenschaftlichen Austausch mit und unter den Entwicklungs- und Schwellenländern zu fördern. 85 Prozent der weltweit 1200 Mitglieder stammen aus den Staaten der südlichen Hemisphäre. Der Dialog zwischen Nord und Süd zählt zu den Hauptzielen der TWAS. Vergangenes Jahr wurden mit Zeilinger und dem ÖAW-Demografen Wolfgang Lutz die ersten Österreicher zu Fellows gewählt. Was kann man in dieser Position bewirken? "Ich kann sicher was dazu beitragen, dass die Stimme der Grundlagenforschung auch in diesen Ländern stärker wird", sagt Zeilinger.

Kampf gegen Armut und Ungleichheit

Bei der Tagung wurde in 70 Vorträgen die Verbesserung globaler Bildungs- und Lebensbedingungen erörtert, wie sie auch in den Sustainable Development Goals der Uno formuliert sind – der Nachfolgeagenda der Millennium Development Goals von 2000. Die neuen Ziele schreiben den Kampf gegen Armut und Ungleichheit sowie für ökologisch nachhaltigen Konsum fort. Die TWAS-Mitglieder sollen dazu beitragen, das Ansehen der Wissenschaft in ihren Ländern zu steigern, um Bildung zu einem erstrebenswerten Gut zu machen.

"Wenn wir die Ausbildung junger Wissenschafter in den Entwicklungsländern fördern, stärken wir unsere Fähigkeit, die UN-Ziele zu erreichen", sagt TWAS-Generalsekretär Ajay Sood, Nanowissenschafter und ehemals Präsident der Indischen Akademie der Wissenschaften. Mittlerweile biete TWAS jährlich 600 PhD-Fellowships an. 1,7 Millionen US-Dollar stehen pro Jahr für den Bau von Forschungsstätten in Entwicklungsländern bereit. Mit einem speziellen Programm für Frauen in der Wissenschaft werden PhD-Fellowships an Frauen aus afrikanischen Subsahara-Ländern vergeben.

Als TWAS gegründet wurde, hätten sich nur wenige Menschen vorstellen können, dass sich in der damaligen Dritten Welt Forschung auf Weltniveau etablieren könnte, blickt Sood zurück. Die Organisation sei eine wichtige Stimme gewesen, die die Transformation von Staaten wie China, Indien, Brasilien, Malaysia oder Südafrika mitausgelöst hat.

Hilfreiche Position Österreichs

Mit Südafrika hat auch Österreich auf der Konferenz ein Rahmenabkommen unterzeichnet, das die Möglichkeit für einen Wissenschafteraustausch zwischen den Ländern schaffen soll, erklärt Zeilinger. Er möchte mit weiteren Ländern, die in TWAS stark vertreten sind, intensivere Verbindungen aufnehmen. Die traditionelle Position Österreichs als Land, mit dem man etwa im Nahen Osten "leichter spricht", sei da "extrem hilfreich".

Und was, wenn die Politik im Weg ist? "Wir schlagen immer auf die Trommel, dass Wissenschaft autonom sein muss", erklärt der ÖAW-Chef. "Wunderbares Beispiel ist die Sowjetunion. Sogar unter Stalin hatte die Akademie der Wissenschaften eine sehr hohe Autonomie. Nicht aus Freundlichkeit, sondern weil man selbst dort verstanden hat, dass die Qualität der Wissenschaft besser ist, wenn man sie gewisse Entscheidungen selbst machen lässt." Lobbyieren für die Autonomie der Wissenschaft müsse man aber auch in Europa und in den USA.

Und was kann Österreich lernen? Zeilinger verweist auf die Präsentation von Südafrikas Wissenschaftsministerin Naledi Pandor. Sie habe gefordert, dass man sich konkrete Umsetzungen von Vorhaben anschaut. Zeilinger: "Schauen wir uns die Ziele an, die die Politik vor fünf oder zehn Jahren hatte – wer geht hin und fragt: Habt ihr das gemacht?" (pum, 27.11.2015)