"Haben Sie noch etwas Geduld, wir sind gleich für Sie da", sagt das Tonband. Zehn Minuten vergehen, fünfzehn Minuten, zwanzig Minuten. Dann ist die Geduld der Anruferin zu Ende. Sie legt auf. Wir sind für Sie da? Eher umgekehrt, denkt die Kundin. Ich bin für Sie da. Ich helfe Ihnen beim Sparen, mache Ihre Arbeit, tue, was Sie mir anschaffen. Der Kunde ist König? Das war einmal.

Jeder kennt das frustrierende Erlebnis, wenn er oder sie dringend mit einem Firmenmitarbeiter reden möchte und an ein Tonband gerät, das sagt: "Wenn Sie dies möchten, drücken Sie die Eins, wenn Sie das möchten, drücken Sie die Zwei, und wenn Sie einen Techniker brauchen, drücken Sie die Drei." Und dann folgt wie das Amen im Gebet das wohlbekannte "Haben Sie noch einen Augenblick Geduld ..."

Also gut. Telefonisch geht es nicht. Aber vielleicht per E-Mail? Man legt sein Anliegen schriftlich dar, schickt es ab. Die Antwort kommt prompt. Man hat die Nachricht bekommen, bittet aber um Verständnis, dass man wegen Überlastung nicht gleich darauf reagieren kann. Und dabei bleibt es. Meist endet die ganze Aktion damit, dass der genervte Kunde mit einem "Hol's der Teufel" das defekte Gerät entsorgt und ein neues kauft. So funktioniert die Wegwerfgesellschaft, die niemand will, aber zu der wir doch alle gehören.

Ich will Menschen, nicht Maschinen, rief kürzlich eine verzweifelte Reisende aus, als sie sich auf dem Flughafen mit einer Phalanx von Automaten konfrontiert sah. Automaten gibt es auch bei der U-Bahn und auf der Post. Wobei die Post wenigstens Pakete noch verlässlich zustellt. Wenn der Empfänger nicht zu Hause ist, legt der Briefträger, der diesen meist persönlich kennt, die Sendung bei einem Nachbarn ab oder hinterlässt eine Nachricht im Briefkasten, wann sie wo abgeholt werden kann.

Manche Paketdienste, die von Versandhäusern immer häufiger eingesetzt werden, machen es anders. Man bekommt ein Mail, das einem sagt, wann die Sendung kommt. Dienstag zwischen neun und zwölf Uhr. Und wenn man um diese Zeit arbeiten muss? Dann hat man Pech gehabt. Das Paket geht zurück an den Absender. So viel zu der Verheißung "Wir sind für Sie da". Der Kunde hat gefälligst da zu sein, wann der Dienstleister ihm das aufträgt.

Das alles hat natürlich damit zu tun, dass Firmen und Behörden sparen müssen. Man spart beim Personal. Der freundliche Schalterbeamte, die nette Verkäuferin, die einen sachkundig berät, werden immer rarer. Automaten und Selbstbedienung sind billiger. Schließlich soll ja auch noch ein ordentlicher Gewinn übrigbleiben. Persönliche Betreuung? Menschlicher Kontakt? Vielleicht hie und da ein Schwätzchen, über den Anlass hinaus? Bringt kein Geld und ist daher überflüssiger Luxus.

Die kleinen menschlichen Begegnungen beim Einkaufen und Besorgen waren und sind für viele Menschen, besonders für Alte und Einsame, ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens. Wenn sie nach und nach verschwinden, ist das ein Verlust für die Gesellschaft und ihren Zusammenhalt. Da hilft auch das ständig wiederholte "Wir sind für Sie da" nicht weiter. (Barbara Coudenhove-Kalergi, 25.11.2015)