Karl Schwarzenberg ist seit Jahrzehnten einer der großen Politiker in Zentraleuropa. Sein Wort hat Gewicht. Als Spross eines alten Adelsgeschlechts hat sich "der Fürst" in der Republik nie ein Blatt vor den Mund genommen. In den 1970er- und 1980er-Jahren kämpfte er von Wien aus für die Bürgerrechtler hinter dem Eisernen Vorhang, als Kanzler von Staatspräsident Václav Havel und späterer Außenminister in Tschechien verschrieb er sich der Integration Europas – und dem Kampf für Humanität.

Nun trat er als Parteichef der liberalen Top 09 zurück, und was er als Botschaft zurückließ, passt perfekt zum Krampf der 28 EU-Staaten mit der Türkei und den Balkanstaaten in der Flüchtlingskrise: "Wir sollten uns bewusst machen, dass jeder von uns zum Flüchtling werden kann." Und: "Ich finde es beschämend, wenn aus Opfern Mörder gemacht werden" – indem man Flüchtlinge mit IS-Terroristen in einen Topf wirft. Was zeigt uns Schwarzenberg?

Erstens: Es ist völlig richtig, wenn die EU-Staaten der Türkei viel Geld zahlen, damit diese Flüchtlinge besser versorgt – und neue Kontingente an Flüchtlingen aushandelt, damit diese auf legalem Weg zu uns kommen können, anstatt illegal übers Meer zu fahren. Vom Machtgehabe Präsident Erdogans sollte man sich nicht abhalten lassen.

Zweitens: Jene (neonationalistischen) EU-Staaten, die sich gegen EU-Recht weigern, Flüchtlinge aufzunehmen, sollten bestraft werden, notfalls durch Subventionsentzug. (Thomas Mayer, 29.11.2015)