Bild nicht mehr verfügbar.

Soldaten bei der Essensausgabe in Nickelsdorf: Zur Bewältigung des Flüchtlingsandrangs ist auch das finanzmarode Bundesheer gefordert – nun soll womöglich sein harter Sparkurs abgemildert werden.

Foto: APA/Bundesheer/Pusch

Wien – Bis vor kurzem drohte dem finanzmaroden Bundesheer sogar der Sprit für seine Fahrzeuge auszugehen, doch zur Bewältigung des Flüchtlingsandrangs bietet man nun einiges an Ressourcen auf: 738.000 Kilometer haben allein seine 54 Transporter seit August zurückgelegt, um die Ankommenden samt nötiger Ausrüstung zu Notunterkünften oder Bahnhöfen zu befördern. Rund 464.000 Tagesportionen hat das Militär bis dato an Flüchtlinge ausgegeben. Dazu leisten seit September knapp 1400 Soldaten der Polizei auch Assistenz an den Grenzübergängen und entlang der dortigen Verkehrswege.

Expertise so rasch wie möglich

Hat die Regierung an der falschen Stelle gegeizt? Nicht zuletzt auch wegen der Terroranschläge in Paris und des anhaltenden russisch-ukrainischen Konflikts haben unlängst alle Fraktionen im Parlament Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) aufgefordert, die Sicherheitslage neu zu bewerten – und das Sparpaket für das Bundesheer zur Disposition gestellt. Derzeit arbeitet dazu der Generalstab "so rasch wie möglich" eine Expertise aus, wie es aus Klugs Ressort heißt. Denn im Vorjahr wurde dem Bundesheer vom Finanzressort ein harter Sparkurs abverlangt, sodass man sich das Stilllegen von einem guten Dutzend Kasernen, die Auflösung ganzer Kompanien und Bataillone sowie die Reduktion schwerer Waffen verordnen musste.

Treibstoffreservoir eingespart

Heeresintern gibt man längst zu, dass "wir Dinge verkaufen, die wir eigentlich brauchten, auch nicht zuletzt, um uns den Sprit leisten zu können". Darunter fällt der Verkauf von Liegenschaften, die mitunter auch als Flüchtlingsunterkünfte dienen könnten, oder das Verscherbeln von 650 Pinzgauer-Geländewagen. Besonders pikant: Die "Bevorratung des Treibstoffs" für die Republik wurde ebenfalls eingespart – also jene Tanks, die im Katastrophenfall monatelang den Sprit auch für Rettung und Feuerwehr garantieren sollten. Ein hoher Militär: "Die Kürzungen gehen mittlerweile an unsere strategische Reserve."

Budgethoheit des Parlaments

ÖVP-Wehrsprecher Bernd Schönegger plädiert deswegen dafür, dass man "im Lichte der veränderten Lage ohne Tabus" die Sparmaßnahmen "überprüft" – und dazu gehören für ihn auch die anvisierten Kasernenschließungen oder die Auflösung diverser Einheiten. Dass Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) etwas gegen das Aufschnüren des Sparpakets haben könnte, wischt Schönegger vom Tisch – angesichts eines ohnehin "nicht bevorstehenden Geldregens" verweist er auf "die Budgethoheit des Parlaments" und meint: "Das muss man dem Finanzminister nicht erklären."

Türen offen, aber Disziplin gefragt

In Schellings Ressort hält man sich zu den anstehenden Gesprächen zum Finanzrahmen 2016 bis 2020 noch bedeckt. Die Türen seien freilich offen, allerdings werde angesichts trister Konjunktur, Flüchtlingskrise und anstehender Steuerreform allen Ressorts Disziplin abverlangt, und: "Jedes Ressort ist für sein Budget verantwortlich."

Blaue fordern Sonderbudget

Reinhard Bösch, Oberst und FPÖ-Wehrsprecher, sieht das anders. Der Parlamentsbeschluss ist für ihn "eine Misstrauenskundgebung" gegen die Sparpolitik im Verteidigungsressort – jetzt gelte es den einst in der Zilk-Kommission festgesetzten Budgetrahmen von einem Prozent des BIPs für die Verteidigung zu beschließen. Und zwar mit einem Sonderbudget.

Für 2015 schlägt allein der Grenzeinsatz des Bundesheeres mit elf Millionen zu Buche. Immerhin: Dafür gibt es vom Finanzressort die Zusage, dass der Aufwand finanziert wird. (Conrad Seidl, Nina Weißensteiner, 3.12.2015)