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Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Da hört sich auch bei den linksliberalen, bei den menschenrechtsbewegten, bei den oft als "Gutmenschen" gescholtenen Bürgern jedes Verständnis auf, bei den anderen sowieso, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen: wenn ausländische Männer, wenn Flüchtlinge aus dem arabischen Raum die Frauenrechte nicht achten. Wenn Männer Frauen nicht die Hand geben, mit der Lehrerin nicht reden, die Ärztin herabwürdigen, die eigene Ehefrau nicht ehren. Da geht dem aufgeklärten abendländischen Bürger der Hut hoch. Selbst in Oberösterreich, wo die Amts-, Würden- und Sonstigesträger in der Landesregierung lieber unter sich bleiben und sich in ihrer politischen Entscheidungsfindung von keiner Frau belästigen lassen wollen, kann man sich darüber empören.

Und es stört auch jene, die mit Frauenrechten sonst vielleicht gar nicht so viel am Hut haben, aber es stört sie in diesem Fall dann doch, weil es Ausländer sind, weil es Flüchtlinge sind, weil die da nicht hergehören, weil die nicht zu uns passen, uns etwas wegnehmen, die Arbeit, die Wohnung – und dann der Frau nicht die Hand geben! Wer weiß, am Ende des Tages, wenn das mit der Integration vielleicht doch noch klappt, dann nehmen sie uns die Frau auch noch weg.

Fast jeder kennt jemanden oder hat schon davon gehört, wie einer von diesen Flüchtlingen eine Frau schlecht behandelt hat, und sei es nur, dass er sich im Krankenhaus von ihr nicht in die Röhre zur Computertomografie schieben lassen wollte. Und das wird dann generell gegen sie ins Treffen geführt.

Die Gründe, sich über die mangelnde Achtung von Frauen zu empören, sind mannigfaltig, nicht alle sind ehrlich gemeint. Die Diskussion wird unaufrichtig geführt, gerade wenn sie auf eine politische Ebene gerät, wird dabei gerne auch Kleingeld gewechselt. Auffallend ist zudem, dass es vor allem Männer sind, die mit ihrem neu entdeckten Gleichberechtigungssinn die Aufmerksamkeit suchen.

Natürlich sind die Rechte der Frauen zu achten, darf mann Frauen nicht misshandeln, herabwürdigen, sexuell belästigen, diskriminieren oder ausgrenzen, aber das gilt wohl für alle. Die Debatte, die jetzt geführt wird, wird auch instrumentalisiert, um Vorurteile zu schüren oder zu bekräftigen.

Wenn Männer und Frauen aus arabischen Ländern in den Kompetenzkursen des Arbeitsmarktservices getrennt werden, dann mag das unter gewissen Gesichtspunkten gerechtfertigt sein. Die Überzahl der Männer und die völlig unterschiedlichen Berufe könnten dafür sprechen. Wenn das Argument aber ist, dass man diese Männer "kulturell überfordern" würde, wenn sie mit Frauen gemeinsam einen Kurs besuchen müssten, dann ist das kein oder das falsche Argument. Gerade auch hier, in den Kursen des AMS, kann Integration, muss die Vermittlung unserer Werte beginnen.

Dass das Arbeitsmarktservice unter dem Eindruck der öffentlichen Debatte hier mehrfach seine Argumentation ändert, ist genauso wenig redlich wie die Hingabe, mit der Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz auf dieser Welle reitet und Aufmerksamkeit generiert. Niemand behauptet, dass alles toll ist und problemlos funktioniert. Es ist klar, dass es kulturelle Unterschiede gibt und diese überwunden werden müssen. Feindbilder zu befördern hilft da niemandem weiter. Apropos: Glaubt tatsächlich jemand, dass es in dieser Debatte um die Rechte der Frauen geht? Eben. (Michael Völker, 3.12.2015)