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Reinhard Scolik wird TV-Direktor beim Bayerischen Rundfunk.

Foto: APA/ORF/THOMAS RAMSTORFER

Wien/München – Der langjährige ORF-Manager Reinhard Scolik (57) wird ab März 2016 Fernsehdirektor beim Bayerischen Rundfunk (BR). Scolik wurde am Donnerstag vom Rundfunkrat des öffentlich-rechtlichen Senders gewählt und für eine Funktionsperiode von fünf Jahren bestellt – der STANDARD berichtet bereits über den Wechsel.

"Meine Leidenschaft ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Ich bin überzeugt von seiner Unverzichtbarkeit gerade in Zeiten zunehmender Medienkonvergenz", meinte Scolik nach seiner Wahl. "Der Bayerische Rundfunk hat sich stets als große und wichtige Kulturunternehmung verstanden. Er stellt Bayern in seiner reichen kulturellen und regionalen Vielfalt dar und hat dabei auch das weitere Umfeld im Blickfeld. Dazu kommt ARD-alpha mit seinen unverzichtbaren Bildungs- und Wissenschaftsangeboten. Gerade in einem zusammenwachsenden Europa ist es wichtig, dem Land, seinen Menschen und ihren Leistungen in den elektronischen Medien eine umfassende Präsenz zu geben. Diese Stärken des BR möchte ich weiter ausbauen und über alle Medien zu unserem Publikum bringen", so Scolik.

Wunschkandidat

Der ORF-Manager war der Wunschkandidat des Bayerischen Rundfunks und wurde wegen seiner Kulturkompetenz und langjährigen auch internationalen Programmerfahrung von Intendant Ulrich Wilhelm für den Posten vorgeschlagen. "Ich freue mich, dass wir mit Reinhard Scolik einen so qualifizierten Programmverantwortlichen für den BR gewinnen konnten", sagte Wilhelm am Donnerstag. "Seine ausgeprägte Kulturkompetenz im Bereich Film, Bildung, Unterhaltung, Theater und Literatur, gepaart mit einem klaren öffentlich-rechtlichen Profil und langjähriger, auch internationaler Programmerfahrung im Bereich Hörfunk und Fernsehen, machen ihn zu einer idealen Besetzung für den BR-Fernsehdirektor."

Auch Scoliks Managementerfahrung dürfte bei der Entscheidung gezählt haben. Der Bayerische Rundfunk ist nämlich gerade dabei, Fernsehen, Hörfunk und Internet zusammenzuführen und seine Strukturen trimedial auszurichten. "Mit Blick auf den raschen digitalen Wandel stehen wir vor der Herausforderung, Qualität und Profil unserer Fernsehangebote weiter zu stärken und den veränderten Nutzungsgewohnheiten Rechnung zu tragen. Hier sind beherzte Programmentscheidungen, Mut zu neuen crossmedialen Formaten und Inhalten sowie Managementqualitäten gefragt – all diese Voraussetzungen bringt Scolik mit", so BR-Intendant Wilhelm.

Programmdirektor unter Lindner

Scolik war von 2002 bis 2006 unter ORF-Generaldirektorin Monika Lindner ORF-Programmdirektor und unter anderem für die Bereiche Kultur, Religion, Familie und Unterhaltung, Fernsehfilm, Kinofilm, Serien sowie den Filmeinkauf verantwortlich. Davor war er von 1994 bis 2002 Intendant im ORF-Landesstudio Wien. Zuletzt war Scolik in der ORF-Generaldirektion Leiter der Strategischen Programmplanung und Administration sowie ORF-Koordinator für 3sat und ARTE.

Der neue Fernsehdirektor des Bayerischen Rundfunks wird sein Amt im März 2016 antreten. Bis zu diesem Zeitpunkt übernimmt weiterhin Andreas Bönte die volle Verantwortung als kommissarischer Fernsehdirektor des BR. Der Wechsel wurde notwendig, weil die bisherige BR-Fernsehdirektorin Bettina Reitz den Sender verlassen hatte und seit Oktober Präsidentin der Hochschule für Fernsehen und Film München ist. Scolik ist als Fernsehdirektor für die Programmbereiche Kultur und Familie, Bayern und Unterhaltung, Spiel – Film – Serie, Wissenschaft – Bildung – Geschichte, Bayern 3 Jugend (Fernsehen), Studio Franken Fernsehen (Kultur und Unterhaltung), Planung und Entwicklung Bayerisches Fernsehen sowie Planung und Entwicklung ARD-alpha verantwortlich sein.

ORF-Manager in Deutschland

Mit seiner Wahl zum BR-Fernsehdirektor ist Scolik der erste ORF-Mitarbeiter, der in eine gehobene Managerfunktion bei einem deutschen öffentlich-rechtlichen Sender wechselt. Der frühere legendäre ORF-Generalintendant Gerd Bacher wurde 1975 in letzter Minute als ZDF-Programmdirektor verhindert, weil der damalige SPÖ-Kanzler Bruno Kreisky bei seinem deutschen Parteifreund Willy Brandt gegen das Engagement des "Tigers" interveniert hatte. Andere ORF-Manager und österreichische Medienlegionäre wie Helmut Thoma, Gerhard Zeiler oder Andreas Rudas machten in Deutschland bei Privatsendern Karriere.

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz kommentierte den Wechsel "mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Mit einem lachenden, weil sie einmal mehr zeigt, dass international begehrte Top-Profis beim ORF tätig sind. Reinhard Scolik wird eine der wichtigsten Funktionen im deutschsprachigen Fernsehen bekleiden, noch dazu bei einem unserer wichtigsten Partnersender, was mich besonders freut. Mit einem traurigen, weil der ORF einen seiner wichtigsten und profiliertesten Manager und Programmmacher verliert, der viel für den ORF bewegt hat."

Sendungen

Als Programmdirektor hat Scolik mit Sendungen wie "Dancing Stars", "Starmania", "Donnerstag Nacht" und anderen Formaten "sehr wichtige Akzente in der Entwicklung der TV-Programme gesetzt", so Wrabetz: "Reinhard Scolik ist ein ausgewiesener 'Kulturmensch': Er war im ORF über viele Jahre für die 3sat-, Arte- und die BR-Alpha-Kooperationen zuständig, und hat Kulturerfolge wie Oper im Hauptabend, das 'Kultur-Universum' oder Fiction-Erfolge wie Dornhelms 'Kronprinz Rudolf' und 'Vier Frauen und ein Todesfall' verantwortet." Als Leiter der strategischen Programmplanung und Administration habe Scolik "seit 2009 maßgeblich dazu beigetragen, die ORF-Personalkosten konsequent und sozial verträglich zu senken und damit die Rückkehr des ORF in die schwarzen Zahlen zu ermöglichen". Und Scolik hatte laut Wrabetz auch einen wesentlichen Anteil am neuen Kollektivertrag "KV 14".

Wichtige Personalagenden

Mit dem Abgang Scoliks wird im ORF der Posten des "Chefadministrators" vakant, zu dem etliche wichtige Personalagenden gehören. Zuletzt waren im ORF bereits Spekulationen laut geworden, dass die Funktion Teil des Personalpakets bei der ORF-Wahl im kommenden Sommer werden könnte. Unterstützt die ÖVP den von der SPÖ favorisierten amtierenden ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, könnte der von der Volkspartei forcierte Finanzdirektor Richard Grasl im Gegenzug zusätzliche Kompetenzen erhalten, hieß es. 2011 bekam Grasl zur Kaufmännischen Direktion auch die Verantwortung über die Programmwirtschaft und damit das Fernsehbudget. Mit der neuen Geschäftsführungsperiode ab 2017 könnte Grasl bei einer Unterstützung von Wrabetz durch die ÖVP die nun frei werdende Abteilung Personal und Administration dazu bekommen. (APA, 3.12.2015)