Innsbruck – Der Endbericht einer unabhängigen Expertenkommission belastet den Direktor der Kardiologie an der Innsbrucker Universitätsklinik, Wolfgang-Michael Franz, schwer. Konkret listete die Kommission "organisatorische Mängel" im Führungsverhalten sowie Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von Honoraren auf.

Franz habe im untersuchten Zeitraum seit 2013 rund 200 ambulanten Patienten der allgemeinen Klasse ohne Rechtsgrundlage Sonderklasse-Honorare gestellt, referierte "tirol kliniken"- Geschäftsführer Stefan Deflorian am Montag bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz Kernaussagen des Berichts. Im ambulanten Bereich gehe es dabei um einen Betrag von rund 50.000 Euro. Im stationären Bereich müsse man sich das "noch anschauen".

Honorare nicht zulässig

Nicht nachvollziehbar sei, dass Franz trotz Aufzeigens der unrechten Vorgangsweise durch die Rechtsabteilung der "tirol kliniken" im Jänner 2015 diese weiter beibehalten habe. Spätestens dann hätte ihm klar sein müssen, dass die Honorarsstellungen ohne Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen, zum Beispiel der persönlichen Behandlungspflicht, nicht zulässig seien. Der Bericht habe zudem Fälle angeführt, bei denen Rechnungen, die ausländischen Patienten gestellt worden waren, im Nachhinein massiv korrigiert werden mussten. Diese Patienten waren nämlich in der allgemeinen Klasse untergebracht, und es hätte kein Arzthonorar verrechnet werden dürfen.

Im Bereich "Führung" orteten die Experten laut Deflorian und der Rektorin der Medizinischen Universität Innsbruck, Helga Fritsch, in allen Bereichen Defizite. Aus Gesprächen mit Mitarbeitern zitierten sie unter anderem "mangelnde Paktfähigkeit, Kritikimmunität, Gesprächsverweigerung und fehlende Wertschätzung" beim Leiter der Kardiologie.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Fritsch und Deflorian gingen auch auf Vorwürfe gegen den Kardiologie-Direktor ein, die den medizinischen Bereich betreffen. Dabei geht es um Komplikationen und Todesfälle bei "sechs oder sieben" Patienten. Bisherige Untersuchungen hätten ergeben, dass es sich um Vorfälle im "Rahmen des abgeklärten Risikos" gehandelt habe. Man habe allerdings noch eine Untersuchung durch einen Kardiologen in der Schweiz veranlasst.

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat nach anonymen Hinweisen Ermittlungen in diesen Fällen eingeleitet. Franz wies alle Vorwürfe von sich. Er brachte seinerseits eine Anzeige wegen Rufschädigung bei der Staatsanwaltschaft ein.

Die Klinik-Verantwortlichen kündigten indes eine Entscheidung über die Zukunft des Direktors für Dienstag nächster Woche an. Deflorian sprach von einem "Schaden", der für die Klinik eingetreten sei. Fritsch sah das "Vertrauensverhältnis zerrüttet". Man werde zunächst die einzelnen Punkte prüfen und auf deren Grundlage eine Entscheidung fällen.

Landesrat will Lösung

Das Land Tirol macht nun Druck. Die Medizinische Universität Innsbruck als Dienstgeberin der Klinikdirektoren habe "schnellstmöglich eine Lösung vorzulegen", teilte Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) mit.

"Ich gehe davon aus, dass dies innerhalb einer Woche erfolgt", meinte Tilg. Sollte das nicht der Fall sein, werde das Land Tirol ein Landesprimariat im Bereich Kardiologie installieren. Diese gesetzliche Möglichkeit sehe das Tiroler Krankenanstaltengesetz vor. "Es muss alles getan werden, um das Vertrauen der Patienten in die Innsbrucker Kardiologie und das Vertrauen der engagierten Mitarbeiter wieder zu gewinnen", betonte der Landesrat. (APA, 7.12.2015)