Seit einigen Jahren schon werden Europas Steuerzahler in unregelmäßigen Abständen von Meldungen aufgeschreckt, dass die Einführung der Finanztransaktionssteuer unmittelbar bevorsteht. Jetzt aber wirklich!, konnte man sich jedes Mal dazu denken.

Denn dieses in Frankreich etwas banaler "Börsensteuer" genannte Finanzinstrument war seit dem Ausbruch der Finanzkrise eines der Argumente (vor allem linker) Regierungen, um den Zorn der Bürger zu beschwichtigen. Wenn Staaten schon massive Sparbudgets und hohe Steuerlasten fahren müssen, um die Folgen der fahrlässigen Zockerei an den Finanzplätzen zu bewältigen, dann sollten diese wenigstens an den Kosten beteiligt werden.

Nicht weniger als 50 Milliarden Euro an Einnahmen aus einer EU-weiten Transaktionssteuer wurden von der EU-Kommission prognostiziert. Heute stellt sich heraus, dass dies nur Chimäre ist. Denn den in der Union versammelten Ländern ist das eigene Hemd viel näher als der Rock des Nachbarn – voran Großbritannien, das auch auf vielen anderen Gebieten gemeinschaftliches Handeln torpediert. Die ursprüngliche FTS ist tot. Und selbst für eine Gruppe von EU-Kernländern mit ähnlicher Tradition scheint ein Kompromiss unmöglich. Beim Geld hört die Solidarität auf. Ein Beispiel mehr dafür, dass die Vorstellung, ein Modell Kerneuropa würde Probleme in der EU leichter lösen, etwas vorschnell ist – auch in der Flüchtlingskrise. (Thomas Mayer, 8.12.2015)