Göttlich: Greta Gerwig in "Mistress America".


Foto: Twentieth Century Fox

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Wien – Die Frage, wo die Trennlinie zwischen den Generationen verläuft, ist für Noah Baumbach so zentral wie das damit verbundene Problem der Selbstpositionierung. Ließ der New Yorker Regisseur zuletzt in Gefühlt Mitte zwanzig die Spätvierziger Ben Stiller und Naomi Watts von einem jüngeren Pärchen zum Tragen hipper Hüte und dem Besuch von Hip-Hop-Tanzkursen verleiten, zeigt er nun in Mistress America, dass auch ein kleinerer Altersunterschied Konfliktpotenzial birgt.

Wenn Brooke, Anfang 30 und in Begleitung der drei Jungstudenten Tracy, Nicolette und Tony, ihre ehemals beste Freundin in deren Nobelvilla aufsucht, fragt diese irritiert, warum Brooke sich mit lauter Kindern abgibt. Die Besucherin, deren Lebensführung kein Eigenheim ermöglicht, wischt den Vorwurf schnell beiseite: Sie und die Teenager seien doch dieselbe Generation und komplett auf einer Wellenlänge. Zumindest in genealogischer Hinsicht hat Brooke auch recht, ihr Vater und Tracys Mutter wollen schließlich heiraten. Bei der Wellenlänge ist ihr jedoch möglicherweise etwas entgangen.

Mistress America erzählt seine Geschichte in den Worten Tracys. Frisch an einem New Yorker College, fällt es ihr schwer, Anschluss zu finden. Als sie sich erstmals mit ihrer zukünftigen Halbschwester trifft, ist sie von der strahlenden Brooke sofort fasziniert. Diese inszeniert sich als Königin einer urbanen Traumwelt, in der jede Nacht mehr Abenteuer verspricht als so manches Durchschnittsleben. Jeder Freund ist ein potenzieller Rockstar, jeder flapsige Nebensatz verdient es, in die Welt getwittert zu werden, für jede geschlossene Tür öffnet sich ein via Feuerleiter zu erreichendes Loftfenster. Tracy erkennt jedoch auch, dass es sich um eine Existenz handelt, die über kurz oder lang zum Scheitern verurteilt ist. Brookes neueste Idee von einem Lokal, das gleichzeitig auch ein Frisiersalon zum Wohlfühlen sein soll, scheint alles andere als krisensicher.

Alles nur Show

Die Finanzierung des Hipster-Delis ist schließlich auch der Grund für besagten Ausflug in die Welt der besser situierten Villenbewohner, der die Freundschaft der jungen Frauen auf die Probe stellt. In dieser zentralen, deutlich abgegrenzten Passage des Films nutzt Baumbach das neue Terrain für eine herrliche Screwballkomödie, in der zugleich die zu gern verleugneten Probleme der Protagonisten in aller Deutlichkeit verhandelt werden.

Das größte Ass des Films ist Greta Gerwig, die wie im gefeierten Frances Ha in der Hauptrolle entzückt und mit Baumbach, ihrem Lebensgefährten, das Drehbuch verfasste. Nicht minder einnehmend ist Lola Kirke als Tracy. Gleichsam Ergänzung und Gegenpart zu Gerwigs Brooke, dient sie doch in erster Linie als Prisma, welches die nicht nur glänzenden Facetten hinter dem Leuchten der Mistress America erkennbar macht. Die pointierten Dialoge werden ebenso als Show erkennbar wie der große Starauftritt, den Brooke beim ersten Treffen mit Tracy hinlegt. Es ist jedoch eine Show, von der man beim Einsetzen des Abspanns noch nicht genug bekommen hat. (Dorian Waller, 10.12.2015)