Große Parteitage kurz vor Weihnachten sind zwar eine nicht unanstrengende Angelegenheit. Doch sie bieten vor dem Auftakt ins neue Jahr, das Deutschland im März gleich drei Landtagswahlen bringt, Orientierung. Wer steht wo? Wer schwächelt? Wer muss sich noch anstrengen?

Antworten auf diese Fragen sind vor allem für die deutsche Kanzlerin Angela Merkel erfreulich. Ihr ist eine Art Comeback gelungen. Nicht nur die Delegierten jubelten ihr am Parteitag zu und unterstützten ihren Kurs in der Asylpolitik, auch CSU-Chef Horst Seehofer benahm sich bei seinem Besuch mehr als anständig. Er huldigte Merkel auch ein wenig und drehte sogar im Streit um Obergrenzen bei der Zahl der Flüchtlinge nicht mehr auf. Sein Vorschlag zur Güte: Egal ob durch "Reduzierung" oder durch "Obergrenzen", CDU und CSU dürften sich nun nicht mehr um Begrifflichkeiten streiten, sondern müssten sich auf die Sache konzentrieren – nämlich dafür sorgen, dass weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Das wollen die beiden oft so streitbaren Schwesterparteien ja beide.

Seehofer hat es sich schlicht auch nicht leisten können, in der Höhle der Löwin starr auf seinen Prinzipien zu beharren. Zu eindeutig, zu überwältigend ist die Zustimmung der CDU-Delegierten zu Merkels Kurs.

Streiten wäre jetzt auch wirklich recht unsinnig. Denn es gibt ja noch einen weinenden Dritten, und das ist SPD-Chef Sigmar Gabriel. Der ist von der SPD beim Parteitag wirklich abgestraft worden. Nur 74,3 Prozent der Delegierten gaben ihm bei der Wiederwahl zum Parteichef ihre Stimme. Es war die Quittung für vieles: Sein Besuch bei Pegida, sein Eintreten für die Vorratsdatenspeicherung, seine Sprunghaftigkeit, das Verharren der SPD im Umfragekeller.

Gabriel ist schon geschwächt, bevor er sich überhaupt offiziell als Kanzlerkandidat für 2017 in Stellung bringen kann. Auch das nützt der Union, und sie kann Stärke im Moment gut brauchen. Denn die Flüchtlingsfrage wird Deutschland noch sehr lange Zeit beschäftigen. Um diese zu lösen, bedarf es ohnehin eines langen Atems. (Birgit Baumann, 15.12.2015)