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"Betrüger" – laut Gericht ein "noch zulässiges Werturteil". Ernst Strasser (Bild) scheiterte mit seiner Klage.

Foto: apa/fohringer

Salzburg – Ex-Innenminister Ernst Strasser ist am Dienstag in Salzburg vor einem Berufungssenat des Oberlandesgerichtes Linz mit seiner Privatklage gegen den Salzburger Partnervermittler Peter Treichl wegen übler Nachrede gescheitert. Strasser hatte sich durch ein Facebook-Posting in seiner Ehre gekränkt gefühlt und eine angemessene Entschädigungszahlung gefordert. Der Freispruch Treichls ist rechtskräftig.

Zur Vorgeschichte: Treichl betreibt in Österreich und Bayern einige Partnervermittlungsagenturen. Strassers Lebensgefährtin wiederum war bis Herbst 2014 eine Geschäftspartnerin Treichls, danach eröffnete sie eine eigene Agentur. Am 14. Jänner 2015 entnahm Treichl – offenbar gar nicht zutreffenden – Zeitungsberichten, dass Strasser selbst Partnervermittler werden wolle.

Treichl war offensichtlich verärgert. Er postete auf seiner Facebook-Seite, dass Strassers Partnerin sein Know-how sowie Kunden gestohlen und Gelder unterschlagen habe. "Strasser und sei Freindin...Gleich und gleich gesellt sich gern...hot scho sein Grund warum er sitzen muss...für mich persönlich sans beide Betrüger", schrieb er im Dialekt. Der Ex-Innenminister verbüßte zum damaligen Zeitpunkt eine dreijährige Haftstrafe wegen Bestechlichkeit.

"Meinungsfreiheit"

Der Berufungssenat unter Vorsitz von Richter Karl Bergmayr bezeichnete den Facebook-Eintrag noch als ein zulässiges, persönliches Werturteil, das von der Meinungsfreiheit umfasst ist. Die Wertung, die der Beklagte abgegeben habe, sei kein Verhaltensvorwurf, sondern ein Charaktervorwurf, erklärte Bergmayr beim heutigen Prozess am Landesgericht Salzburg. Zudem habe Strasser zum dem Zeitpunkt der Eintragung seine Straftat noch nicht abgebüßt.

Strasser hatte sich durch das Posting "in einer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbaren verächtlichen Weise" in seiner Ehre gekränkt gefühlt und auf eine Entschädigungszahlung gepocht. Das Mediengesetz sieht hier eine Wiedergutmachung von bis zu 20.000 Euro vor. Auch Strassers Lebensgefährtin klagte, ihr Verfahren endete aber im Frühjahr mit einem Vergleich.

Bei der Berufungsverhandlung legten die Anwälte der Streitparteien heute nochmals ihre Argumente dar. "In der öffentlichen Wahrnehmung ist Strasser ein Betrüger und ein Gauner", erklärte Treichls Verteidiger Franz Essl. Laien könnten juristisch aber nicht zwischen Betrug und Bestechlichkeit unterscheiden, sagte Essl. Der Eintrag sei auch nicht gegen Strasser, sondern an dessen Lebensgefährtin gerichtet gewesen.

Die Facebook-Seite sei auch nur für eine geschlossene Gruppe zugänglich gewesen, erklärte Essl. Um den Eintrag abrufen zu können, "war ein eigener Account erforderlich". Zudem sei das Facebook nach dem Mediengesetz auch kein periodisch erscheinendes Medium. Und außerdem werde Strasser bei der Eintragung, die Treichl unter dem Namen "Peter Franz Höhenstein" geschrieben habe, nicht die Begehung einer konkreten Tathandlung vorgeworfen, sondern eine Charaktereigenschaft, verwies Essl "auf das Recht auf Meinungsfreiheit". Treichl habe ein subjektives, persönliches Werturteil abgegeben.

Strasser Rechtsanwalt, Michael Wukoschitz, entgegnete, dass jeder der 1,39 Milliarden Facebook-Nutzer die Möglichkeit hatte, auf den Eintrag zuzugreifen. Das Erstgericht habe übersehen, dass die Eintragung "öffentlich für ein breites Publikum einsehbar war", diese sei auch für jeden Internetbenutzer über Suchmaschinen abrufbar. Der Tatbestand der üblen Nachrede sei objektiv und subjektiv sehr wohl erfüllt, betonte Wukoschitz.

Ersturteil bestätigt

Bereits im erstinstanzlichen Verfahren am Landesgericht Salzburg hatte Richter Aleksandar Vincetic den Passus "für mich persönlich" in dem Posting als ein zulässiges Werturteil gehalten. Deshalb sei der objektive Tatbestand "übliche Nachrede" nicht erfüllt, erläuterte er. Auch müsse eine Behauptung laut Mediengesetz im tragenden Kern wahr sein, nicht in sämtlichen Einzelheiten, urteilte Vincetic. "Man kann von Ihnen nicht verlangen, Bestechlichkeit und Betrug zu unterscheiden", hatte der Richter zu Treichl gesagt. Der Anwalt Strassers hatte daraufhin volle Berufung angemeldet, ist heute aber abgeblitzt. (APA, 15.12.2015)