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Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) und US-Finanzminister Jacob Lew. Christine Lagarde hatte die US-Regierung in den vergangenen Jahren gedrängt, die IWF-Reform im Kongress voranzubringen.

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Wien – Sie sind "internationale Bürokraten" mit zu viel Macht, die eine Art "Weltregierung" errichten wollen. Dies alles diene nicht US-amerikanischen, sondern chinesischen und russischen Interessen. Diese Beschreibung des Internationalen Währungsfonds (IWF) stammt von Jimmy Duncan, einem republikanischen Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus, der dort seinen Heimatstaat Tennessee vertritt.

Sie fasst prägnant zusammen, was die Mehrheit seiner Parteikollegen von der wichtigsten Finanzorganisation der Welt hält: wenig bis gar nichts. Der IWF sei eine teuere und schwerfällige Organisation, die überschuldeten Ländern noch Geld nachschmeißt, wo doch die USA selbst unter einer gewaltigen Schuldenlast stöhnen, lautet der Tenor bei den Republikanern.

Blockierte Reform

Entsprechend blockierte die Partei jahrelang eine Reform im Kongress, die dafür sorgen sollte, dass der IWF mehr Geld erhält und dass Länder wie China mehr Macht beim Fonds bekommen.

Doch diese Woche sind die starren Fronten in Bewegung gekommen. In der Nacht auf Mittwoch haben sich die Spitzen von Republikanern und Demokraten auf ein Gesetz geeinigt das festlegt, wie viel Geld die einzelnen US-Bundesbehörden im kommenden Finanzjahr erhalten werden. 1,1 Billionen US-Dollar wurden verteilt. Doch in dem entsprechend umfangreichen Megagesetz findet sich eine Passage, die den Weg für die IWF-Reform freimacht.

Falltüren

Allerdings haben die Republikaner einige Falltüren eingebaut. Sie wollen dem Kongress künftig mehr Mitspracherecht bei den Entscheidungen des Währungsfonds geben und drängen darauf, das Engagement der USA beim IWF insgesamt zurückzudrängen. Aus europäischer Sicht heikel ist auch eine Passage, die künftige große Noteinsätze wie jenen in Griechenland verhindern soll.

Um den Konflikt verstehen zu können, ist ein Blick zurück notwendig. Im Jahr 2010 haben sich die 188 Mitgliedsländer des Fonds bei einem Treffen im südkoreanischen Gyeongju darauf verständigt, die Machtverteilung im Währungsfonds umzukrempeln.

Schwellenländer wie China sind in der Washingtoner Organisation, gemessen an ihrer Wirtschaftskraft, unterrepräsentiert. Europäische Staaten dagegen überrepräsentiert. Das ist auch deshalb ein Problem, weil die finanziellen Beiträge aus Schwellenländern ins IWF-Budget im Zuge der Finanzkrise an Bedeutung gewonnen haben.

In Südkorea vereinbarte man deshalb, sechs Prozent der IWF-Quoten von Industrieländern zu Schwellenländern zu transferieren. Die Quoten bestimmen, wie viele Anteile ein Land am Fonds hält, wie viel Einfluss der Staat also ausüben kann. Sie entscheiden zugleich darüber, wie viel Geld ein Land dem Währungsfonds bereitstellen muss und wie viel Kredit es im Gegenzug im Falle einer Krise bekommen kann.

Republikaner blockierten

Laut der Reform des Jahres 2010 sollte China Deutschland, Frankreich und Großbritannien überholen und zum drittwichtigsten Land im Fonds aufsteigen. Auch Indien, Russland, Brasilien und die Türkei sollten Anteile dazugewinnen. Vereinbart wurde zudem, dass insbesondere europäische Länder, darunter Österreich, Anteile abgeben.

Zugleich wollte der IWF seine Kriegskassa auf 680 Milliarden Euro verdoppeln. Am Höhepunkt der Krise im Frühjahr 2009 stimmten 38 Länder zu, dem Währungsfonds mehrere Hundert Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Diese befristete Vereinbarung sollte laut dem Deal in Südkorea in eine permanente Refinanzierung umgewandelt werden. Während US-Präsident Barack Obama die Vereinbarung unterstützte, verhinderten die Republikaner mit ihrer Mehrheit einen Beschluss. Bis zu dieser Woche.

Regeländerung für Europa

Doch die Republikaner haben sich ihre Zustimmung erkauft, wie Edwin Truman vom Washingtoner Peterson Institute for International Economics in einem Blogeintrag festhält. So wurde festgeschrieben, dass der US-Vertreter im Fonds der Reform nur unter einer Bedingungen zustimmen darf: Er muss zuerst sicherstellen, dass jene Bestimmung aufgehoben wird, wonach auch stark überschuldete Länder Kredite beim IWF erhalten können, wenn ansonsten die Stabilität des Weltfinanzsystems in Gefahr ist.

Diese Regel gilt für alle Staaten, aber genutzt wurde sie bisher vor allem in Europa. Bis 2010 galt strikt, dass der IWF nicht an überschuldete Staaten Geld verborgen darf. Nach Ausbruch der Griechenland-Krise wurde die Bestimmung aber geändert, um dem Land Zugang zu Krediten gewähren zu können. Auch Portugal und Irland hätten ohne die Regeländerung kaum an IWF-Gelder herankommen können. Beim Fonds reagierte man enttäuscht: "Zunächst blockiert man die Reform jahrelang, und dann hat man auch noch die Chuzpe, Bedingungen zu stellen", heißt es aus IWF-Kreisen.

Die Republikaner haben auch durchgesetzt, dass der US-Vertreter im Fonds künftig dem Kongress berichten muss, ehe er einer größeren Kreditvergabe zustimmt. Die USA verfügen über rund 17 Prozent der Stimmrechte im Währungsfonds, sie haben damit als einziges Land ein Vetorecht in der Organisation. (András Szigetvari, 18.12.2015)