Warschau – Der frühere polnische Präsident Lech Wałęsa hat das Vorgehen der neuen konservativen Regierung scharf kritisiert und vor einem Bürgerkrieg im Land gewarnt. Gewiss müssten Dinge geändert werden, sagte Wałęsa in einem Fernsehinterview am Donnerstagabend. Die Regierungspartei PiS habe "in vielen Punkten recht. Aber nicht auf diese Weise."

Reformen müssten "auf offene und demokratische" und nicht "auf brutale Art" erfolgen, sagte Walesa angesichts des Streits um die Neubesetzung und die Reform des Verfassungsgerichts. Wenn sich die Regierung nicht ändere, werde das "zu einem Bürgerkrieg führen", warnte der einstige Anführer der Gewerkschaft Solidarność.

Wałęsa will "zu überzeugen versuchen"

Wałęsa versprach, sich beim PiS-Vorsitzenden Jarosław Kaczyński für eine Kursänderung einzusetzen. "Ich werde versuchen, diese Leute zu überzeugen. Es sind meine alten Kollegen, ich werde mich nicht gegen sie stellen." Er hatte als Präsident 1990 Kaczyński und dessen 2010 beim Absturz der Präsidentenmaschine verunglückten Zwillingsbruder Lech zu seinen Beratern berufen, sich später aber mit ihnen zerstritten.

"Ich fange an, mich für diese demokratische Entscheidung zu schämen", sagte Wałęsa über die Parlamentswahl vom 25. Oktober, die der PiS eine Mehrheit beschert hatte, und die Präsidentenwahl vom 24. Mai, die der PiS-Kandidat Andrzej Duda gewonnen hatte. Einen Monat nach dem Amtsantritt der Regierung befindet sich Polen in einer politischen Krise. Besonders der Versuch der Regierung, das Verfassungsgericht durch die Ernennung von fünf neuen Richtern unter Kontrolle zu bringen, sorgt für heftige Kritik. (APA, 18.12.2015)