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In der Londoner City – im Bild das Finanzzentrum im Viertel Canary Warf – lässt es sich gut leben. Zumindest für internationale Banken. Sie erzielen zwar Milliardengewinne, zahlen aber keine oder nur wenig Steuern. Großzügige Vergünstigungen sind der Grund dafür.

Foto: EPA/Andy Ryan

Fünf der größten Investmentbanken weltweit haben trotz Milliardengewinnen in Großbritannien im vergangenen Jahr keinen Pence Steuern gezahlt. Zu den Steuervermeidern zählen die US-Giganten JP Morgan, Merrill Lynch und Morgan Stanley ebenso wie die Deutsche Bank sowie die japanische Nomura Holding. Weitere zwei Unternehmen mit großen Niederlassungen in der City of London, Goldman Sachs und die Schweizer UBS, bezahlten zusammen umgerechnet 28,4 Mio. Euro. In Goldman Sachs' Fall lag der Steuersatz auf einen Gewinn von 1,83 Mrd. Euro bei 1,55 Prozent.

Die Zahlen wurden von der Nachrichtenagentur Reuters zusammengestellt. Sie verdeutlichen die enormen Vergünstigungen, die globale Bankhäuser am wichtigsten Finanzplatz der Welt genießen. Die sieben untersuchten Firmen mit zusammen 33.000 Mitarbeitern erzielten gemeinsam Gewinne von 4,9 Mrd. Euro.

Mehr Abgaben

Die konservative Regierung unter Premier David Cameron hatte zuletzt prominente Steuervermeider wie die US-Konzerne Google, Apple und Starbucks dazu gedrängt, mehr Abgaben auf die im Land erwirtschafteten Gewinne zu entrichten. Sämtliche bloßgestellte Unternehmen handelten im Einklang mit den bestehenden Gesetzen.

Die Zahlen gehen auf eine neue EU-Regelung zurück. Derentwegen sind multinationale Unternehmen erstmals gezwungen, ihre Gewinne und Steuerzahlungen auf Länderbasis offenzulegen. So erzielte der Londoner JP-Morgan-Ableger einen Profit von 2,4 Mrd. Euro. Die dafür eigentlich fälligen 480 Mio. Euro für den Fiskus wurden ausgeglichen mit Überhängen aus früheren Jahren sowie "anderen erhältlichen Steuervergünstigungen", so JP Morgan.

Nationale Schande

Bei Beobachtern des wichtigsten Finanzplatzes der Welt lösten die Enthüllungen Empörung aus. Die Steuervermeidung der Banken sei "eine nationale Schande", glaubt der unabhängige Londoner Analyst Howard Wheeldon – zumal die Unternehmenssteuer auf der Insel (derzeit 20 Prozent) ohnehin "im Vergleich entwickelter Volkswirtschaften weltweit zu den niedrigsten" zähle. Sie soll bis 2020 auf 18 Prozent fallen. Allerdings hat Finanzminister George Osborne von diesem Steuerjahr an den Spielraum eingeschränkt, mit dem große Banken ihre Verluste aus Vorjahren ausgleichen können. Dies ist nun nur noch für 50 Prozent der Gewinne möglich.

Hingegen kommt der Konservative den City-Unternehmen entgegen und reduziert die Bankenabgabe. Diese bringt dem Staat derzeit jährlich 5,46 Mrd. Euro. Dabei kann sich der Finanzminister seine Spendierhosen eigentlich nicht leisten. Das Defizit liegt nach fünf Jahren Sparen noch immer bei 4,4 Prozent. Statt, wie von Osborne angekündigt, schrittweise weniger Schulden aufzunehmen musste sich der Staat in drei der letzten vier Monate mehr Geld leihen als in den Vergleichsmonaten 2014. Am Mittwoch reduzierte die unabhängige Statistikbehörde ONS die jüngsten Wachstumsraten; im gesamten Kalenderjahr dürfte die britische Wirtschaft statt der noch im Vormonat herausposaunten 2,3 Prozent nur noch um 2,1 Prozent wachsen.

Erfolgreiches Lobbying

Nach dem Finanzcrash von 2008 haben die britischen Verantwortlichen den Bankhäusern eine Vielzahl neuer Regeln auferlegt. Zuletzt aber gaben die Konservativen immer wieder den stetigen Klagen der Finanzindustrie über deren Belastung nach. So zwang Osborne den als hartnäckig bekannten Leiter der Aufsichtsbehörde FCA zum Rücktritt. Martin Wheatley hatte eine harte Gangart eingeschlagen, Kredithaie mit neuen Vorschriften belegt und hohe Strafen im Skandal um Forex-Manipulationen verhängt.

Eine neue Kernvorschrift, die hohe Banker persönlich für illegale Praktiken ihrer Firmen verantwortlich macht, soll nur rund 15 Spitzenmanager betreffen. (Sebastian Borger aus London, 24.12.2015)