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Das EU-Parlament sorgt für ein Aus für Roaming-Gebühren – bringt dabei aber die Netzneutralität in Gefahr

Foto: APA/EPA/Seeger

Was netzpolitische Entscheidungen im Telekomsektor betrifft, war 2015 ein turbulentes Jahr. Der Kampf um Netzneutralität mobilisierte Nutzer weltweit – in den USA mit einem positiven, in der EU mit einem ungewiss bis negativen Ende. Gleichzeitig beschloss die österreichische Politik einige Verbesserungen, was Konsumentenschutz im Mobilfunk-Bereich betrifft. Schon in den ersten Monaten 2016 werden Nutzer diese Änderungen zu spüren bekommen.

Handyverträge schneller kündbar

Ab März werden neue Handyverträge monatlich kündbar sein. Bislang lag die Frist meistens bei drei Monaten, was ab sofort verboten ist. Damit können Nutzer nach dem Ende der Mindestvertragsdauer schneller zu neuen Anbietern wechseln. Alle aktuellen Verträge bleiben allerdings zu den abgeschlossenen Bedingungen erhalten – alte Verträge müssen weiterhin drei Monate im Voraus gekündigt werden.

Rufnummernportierung vergünstigt

Den Anbieterwechsel erleichtert ebenfalls eine Vergünstigung der Rufnummernportierung, gemeinhin als NÜV abgekürzt. Bislang mussten Kunden dafür 19 Euro zahlen, ab März sinkt dieser Betrag auf zehn Euro. Bei durchschnittlich 200.000 Portierungen pro Jahr errechnet die Regulierungsbehörde RTR für Kunden mit Einsparungen von bis zu 2 Millionen Euro jährlich.

Roaming-Gebühren gesenkt

Das EU-Parlament hat vergangenes Jahr ein endgültiges Aus für Roaming-Gebühren beschlossen. Allerdings nicht sofort und nicht komplett: Erst ab Juni 2017 dürfen keine Zuschläge mehr verlangt werden – und das auch nur in einem bestimmten Kontingent. Ab April 2016 sinken die Kosten allerdings erstmal. Dann werden pro Minute maximal fünf Cent, pro SMS zwei Cent und pro MB ebenfalls 5 Cent fällig. Auslandsgespräche in andere EU-Ländern kosten allerdings weiterhin sehr viel mehr.

RTR will Drittanbieterdienste regulieren

Die Regulierungsbehörde RTR wird nächstes Jahr in einer Verordnung sogenannte Drittanbieterdienste regeln. Dabei handelt es sich etwa um Abos, die via SMS abgeschlossen werden und auf der Handyrechnung auftauchen. Laut Arbeiterkammer (AK) OÖ gab es in diesem Bereich "zahlreiche Kundenbeschwerden". Die AK hofft, dass Nutzer bei Forderungen nicht mehr mit dem Mobilfunker, sondern direkt mit dem Drittanbieter verhandeln darf.

Netzneutralität als große Unbekannte

Gleichzeitig mit dem Aus für Roaming-Gebühren einigten sich EU-Parlament, Minister und EU-Kommission auch auf neue Regelungen zur Netzneutralität. Der Gesetzestext ist allerdings äußert schwammig und lädt daher zu verschiedenen Auslegungen ein. Nun liegt es an der Vereinigung der europäischen Regulierungsbehörden (BEREC), ein gemeinsames Regelwerk für die Praxis zu erstellen. Das soll bis August 2016 geschehen, ab Juni gibt es eine öffentliche Anhörung. Aus diesem Grund haben Netzaktivisten wie Thomas Lohninger den Kampf für mehr Netzneutralität noch nicht abgeschrieben. Sie hoffen, die Regulierungsbehörden zu einer strikten Auslegung bewegen zu können.

In den USA war die Regulierungsbehörde FCC durch mehr als 3,9 Millionen Kommentare von Bürgern derart unter Druck geraten, dass sie strenge Netzneutralitätsregeln verabschieden musste. Mit der FCC will sich auch BEREC beraten. Wird den Wünschen der Telekomkonzerne stattgegeben, drohen Internetnutzern Zusatzkosten, da Provider von Services Geld für schnellere Datenleitungen verlangen können – es wäre verwunderlich, würde dieser von Kritikern als "Schutzgeld" titulierte Betrag nicht an den Kunden weitergegeben würde. (Fabian Schmid, 3.1.2016)