Gustavo Dudamel dirigiert im kommenden Jahr das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker.

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Wer Gustavo Dudamel zusammen mit dem Orquesta Sinfónica Simón Bolívar erlebt hat, zweifelt nicht an der energetischen Kompetenz des jungen Maestro. Er und das Jugendorchester, das ein musikalisches Sozialprojekt namens "El Sistema" repräsentiert, wurden vor ein paar Jahren eben der Energie wegen zum Darling der Klassikszene. Konzerte zelebrierten sie als Feiern unbeschwerten, ausgelassenen Musizierens. Opulente Orchesterbesetzung, ein paar Tanzeinlagen und Lockenkopf Dudamel taten das Übrige – ein frischer Wind wehte durch die Szene der doch oft sehr ernsten Klassikgesichter.

Dudamel, 1981 in Barquisimeto, Venezuela, geboren, war selbst ein Produkt von El Sistema; er verdankt ihm auch seine internationale Karriere. Zunächst als Geiger ausgebildet, kam er im Rahmen seines Studiums eher zufällig zum Dirigieren. Als er und seine Instrumentalkollegen eines Tages auf den Dirigenten warteten, dieser jedoch nicht kam, stellte sich Knirps Dudamel (er war keine 12) hin und probierte es mit dem Taktstock.

Chef der Philharmoniker in Los Angeles

"Zuerst haben die anderen Kinder gelacht. Doch fünf Minuten später waren sie ruhig und arbeiteten hoch konzentriert mit mir. Danach wusste ich, dass ich Dirigent werden wollte", so Dudamel, der von klein auf den Klang der Berliner Philharmoniker im Ohr hatte. Deren Aufnahmen (vor allem jene mit Karajan) habe der Sohn eines Posaunisten und einer Gesangslehrerin gehört.

Mittlerweile hat der Chef des Los Angeles Philharmonic Orchestra nicht nur die Berliner mehrfach als Gastdirigent besucht. Auch zu den Wiener Philharmonikern, die ihn für das Neujahrskonzert 2017 engagiert haben, pflegt er gute Beziehungen. Er wird somit der jüngste Dirigent sein, der diese heikle Strauß-Feier je geleitet hat.

Vom telegenen Standpunkt aus eine ideale Wahl, Dudamel wird eine "Bella Figura" machen. Ob ihm Tiefsinnig-Leichtes gelingt, wird sich allerdings erst weisen – ist jedoch nicht unmöglich: Wenn man auf große Tradition treffe, so Dudamel, sollte man als "junger Dirigent gut vorbereitet, klar in seinen Ideen sein, aber auch offen, etwas zu empfangen". Es gelte, das Spezielle eines Orchesters zu respektieren und nicht zu vergessen: "Man ist als Dirigent eine Art Brücke zwischen Komponist und Orchester."

Eine schöne Einstellung, die seine Walzertage, zu denen er seine Frau Eloísa und Sohn Martin mitnehmen wird, bereichern könnte. (Ljubiša Tošic, 3.1.2016)